Volle Wartezimmer: Ärzte wollen mehr Geld für schnelle Termine

Augenarzt? Orthopäde? Wer als Kassenpatient bei einem Facharzt auf einen schnellen Termin hofft, wird meistens vertröstet. Teilweise monatelang!

Die Ärzte kommen nun mit einem haarsträubenden Vorschlag: Für mehr Geld gibt's auch zeitnahe Termine.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery meint das völlig ernst.

Kürzere Wartezeiten auf einen Termin beim Arzt wird es seiner Einschätzung nach für Kassenpatienten nur bei besserer Bezahlung der Ärzte geben.

Überlange Wartezeiten bei Fachärzten werde man mit gesetzlichen Einschnitten nicht verkürzen, „sondern da muss man schlicht und einfach bessere Arbeitsbedingungen für Ärzte schaffen“, sagte Montgomery.

Der Präsident der Bundesärztekammer wandte sich im WDR mit scharfen Worten gegen Überlegungen, Ärzten bei zu langen Wartezeiten das Honorar zu kürzen. Solche Pläne seien populistisch und naiv.

RECHTFERTIGUNG

Dass Privatpatienten schneller einen Termin erhalten, hält Montgomery für „rational und vernünftig“:

„Wenn die gesetzliche Krankenkasse nur bereit ist, mickrige Pauschalen für die Behandlung eines Patienten zu bezahlen, die Privatkassen hingegen direkt die Leistung vergüten, dann ist es völlig klar, dass jeder Arzt heutzutage Zeitelemente freihält für Privatpatienten.“

Vorangegangen waren die Überlegungen von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), mit Sanktionen für „angemessene“ Wartezeiten beim Facharzt zu sorgen.

HEFTIGE KRITIK

„Niemand wird dem jeweiligen Arzt nachweisen können, dass er tatsächlich noch einen Termin frei gehabt hätte“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.

Er könne sich auch nicht vorstellen, dass nun Ärzten die Einführung von Stechuhren vorgeschrieben werde oder Kassenmitarbeiter zur Kontrolle in die Praxis geschickt würden.

Lauterbach forderte stattdessen ein neues Honorarsystem, das für die Behandlung von Privatpatienten und gesetzlich Versicherten gleiche Preise in Euro und Cent vorschreibt. „Erst dann gibt es für Ärzte keinen Grund mehr, bei der Terminvergabe Privatpatienten zu bevorzugen“, betonte er.

Bahr prüft die Option, der Selbstverwaltung von Kassen und Ärzten per Gesetz die Möglichkeit von Sanktionen einräumen, wenn gesetzlich Versicherte zu lange auf einen Termin beim Facharzt warten müssen.

Die Pläne sollen demnach in das sogenannte Versorgungsstrukturgesetz einfließen, mit dem die schwarz-gelbe Koalition unter anderem den Ärztemangel auf dem Land beheben will. Das Gesetz soll Anfang nächsten Jahres verabschiedet werden.

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