Sodbrennen: Advent, Advent, mein Magen brennt

Die Zeit der Vorfreude ist auch die der Gaumenfreuden. Doch zu viele davon verursachen Sodbrennen, Völlegefühl und Bauchkrämpfe, wovon die Menschen hier am Tisch ein Lied singen müssen

Von: Von Anna Meißner, Kerstin Quassowsky und Volker Weinl

Wenn es nach Bratapfel, Gänsebraten oder Glühwein duftet, besteht kein Zweifel mehr: Der Weg zum Fest der Liebe geht durch den Magen.

Doch für unseren Magen sind Weihnachten und Advent beschwerlich, Bissen für Bissen und Schluck für Schluck kann die Völlerei zur schmerzhaften Herausforderung werden. Wie Ihre Verdauungsorgane die nächsten Wochen gut überstehen, erklären Experten in BILD am SONNTAG.

Warum schmeckt uns meistens am besten, was gleichzeitig das meiste Fett enthält?

„Fett sorgt als Aromaträger für einen besonders guten Geschmack und ist deshalb sehr oft auch in Gebäck wie Stollen oder Spekulatius enthalten“, sagt Dr. Martin Strauch, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologe, Neubiberg/München.

„Viele Weihnachts-Naschereien wie Marzipan enthalten außerdem viel Zucker, der ebenso die Geschmacksrezeptoren anspricht. So kommen nach dem Besuch eines Weihnachtsmarktes oder einem festlichen Essen schnell viele Kalorien zusammen, die Verdauung und den Stoffwechsel strapazieren.“

Ist erforscht, wie viel die Deutschen in der Adventszeit zunehmen?

Prof. Hans Hauner vom Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin der TU München, in Freising: „Laut einer Untersuchung liegt die durchschnittliche Gewichtszunahme bei etwa einem halben Kilo. Viele Menschen nehmen aber deutlich mehr zu.“

Gibt es unter den typischen Weihnachtsmarkt-Speisen und -getränken Flops und Tops für die Gesundheit?

Prof. Hauner: „Die meisten Speisen sind besonders in großen Mengen eher ungesund und schwer verdaulich. Zum Beispiel Curry- und Bratwurst, Raclette, Schupfnudeln, Lebkuchen, Glühwein mit Schuss. Gesündere und bekömmlichere Alternativen sind heiße Maronen, Champignons aus der Pfanne, Flammbrot, Maiskolben, Früchtespieße oder -tee.“

Welche Organe leiden am meisten unter der üppigen Adventskost?

Prof. Hauner: „Leber, Bauchspeicheldrüse, Bauch sowie das Herz-Kreislauf-System.“ Was ist das ernährungs-physiologische Hauptproblem während der Adventszeit?

„Dass Stollen, Zimtsterne oder Marzipan hochkalorisch sind. Ich bin immer wieder erschrocken, wie viel die Menschen während der Adventszeit in sich hineinschlingen“, sagt Dr. Strauch.

„Diese Unmengen Kalorien sorgen auf Dauer für Übergewicht, wenn kein Ausgleich durch gesunde Lebensmittel und Sport erfolgt. Dauerhaftes Übergewicht kann zu Diabetes mellitus sowie zur Fettleber führen, bei der die Zellen nicht mehr richtig arbeiten. An dieser Erkrankung leiden bereits über ein Drittel der Deutschen.“

Dürfen Kinder Speisen essen, die mit Rotwein zubereitet sind?

Prof. Hauner: „Alkohol verflüchtigt sich beim Kochen, sodass in fertigen Gerichten mit langer Kochzeit kaum noch Alkohol enthalten ist. Dennoch sollten Kinder nicht an den Geschmack von Weinsoßen gewöhnt werden.“

Leiden Leber oder Magen stärker unter der weihnachtlichen Völlerei?

Dr. Strauch: „Der Magen wird arg strapaziert, weil einfach zu oft zu viel gegessen wird. Ist der Magen übervoll, kann das zu Völlegefühl sowie zu Sodbrennen und saurem Aufstoßen führen. Sodbrennen gehört zu den häufigsten Beschwerden des Verdauungstraktes, an der etwa 30 Prozent der Männer und Frauen regelmäßig leiden.“

Wie entsteht Sodbrennen?

Dr. Strauch: „Magen und Speiseröhre werden durch einen ringförmigen Muskel getrennt, der wie eine Dichtung wirkt. Ist der Magen prall gefüllt, dehnt sich dieser Muskel aus und bringt den Dichtungsring zum Erschlaffen. So kann der saure Mageninhalt nicht mehr zurückgehalten werden und fließt in die Speiseröhre, was schmerzhaftes Brennen auslöst.

Aber auch scharf gewürzte Speisen, fettreiche Mahlzeiten, röststoffreicher Kaffee, Weiß- und Rotwein und Schokolade können zum sauren Aufstoßen führen.“

Was hilft gegen akutes Sodbrennen?

Dr. Strauch: „Spürt man Sodbrennen nach einer ausgiebigen Mahlzeit, ist das kein Grund zur Beunruhigung. Hier kann ein Säurebinder, ein Antacidum, helfen. Da Sodbrennen auch häufig nachts auftritt, sollte man den Oberkörper während des Schlafens hochbetten, damit die Säure nicht in die Speiseröhre fließt. Und: Schränken Sie den Verzehr der Lebensmittel ein, die Säureproduktion fördern und verzichten Sie auf Nikotin, das auch die Säureproduktion ankurbelt.“

Was tun, wenn das Brennen hinter dem Brustbein regelmäßig auftritt?

Dr. Strauch: „Wer mehrmals die Woche darunter leidet, sollte zum Arzt gehen. Der muss abklären, ob eine ernsthafte Erkrankung wie eine entzündete Speiseröhre, also eine Refluxerkrankung vorliegt. Dann wird der Arzt gegebenenfalls Protonen-Pumpenhemmer verschreiben, die die Bildung von Säure verhindern.“

Oft entsteht nach einer fettreichen Mahlzeit der Eindruck, einen Stein im Magen zu haben. Warum?

Dr. Strauch: „Weil die Fettverarbeitung nicht im Magen stattfindet. Die Säure, die sich dort befindet, spaltet lediglich Eiweiße. Die Fettverarbeitung erfolgt erst später durch Enzyme der Bauchspeicheldrüse, im Zwölffinger-Darm und Dünndarm. So entsteht dieses drückende Gefühl.“

Kann ein Schnaps helfen?

Dr. Strauch: „Ein Grappa oder ein anderer Obstbrand nach dem Essen lässt zwar oft ein wohliges Gefühl im Magen entstehen, aber dafür, dass das hilft, besser zu verdauen, gibt es keine Belege. Im Gegenteil: Alkohol belastet die Leber zusätzlich. Nach dem Essen helfen Kräutertropfen aus der Apotheke, zum Beispiel mit Angelikawurzel, Kamillenblüten und Kümmelfrüchten. Sie schützen auch vorbeugend vor Beschwerden.“

Wie regeneriert der Körper am besten?

Dr. Strauch: „Artischocken können der Leber bei der Regeneration helfen. Ihre Bitterstoffe regen die Leber an, sie helfen beispielsweise als Salat oder Kapseln. Auch die Stoffe der Mariendistel, als Kapseln oder Tee, sorgen dafür, Gifte abzubauen, ebenso Bewegung zwischen den Mahlzeiten.“

Was hilft mir noch?

Dr. Strauch: „Essen Sie in Maßen. Nehmen Sie oft leichte Mahlzeiten zu sich, beispielsweise mit magerem Fleisch wie Geflügel, Fisch, Suppen, viel Salat, Gemüse und Obst. Trinken Sie täglich rund zwei Liter Flüssigkeit, Mineralwasser und Tee, und verzichten Sie sooft es geht auf Alkohol, damit die Leber neue Zellen bildet und sich erholt. “ Mehr Infos: www.gastro-liga.de

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