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"Ein Prozent sollte es uns wert sein": Heinrich von Pierer fordert mehr Geld für Gründer
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    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Sculpteo
dpa/Britta Pedersen Beim 3D-Druck versuchen deutsche Start-ups, Anschluss an die Weltspitze zu halten.
  • FOCUS-online-Experte

Deutsche Gründer sind chronisch unterkapitalisiert. Eigentlich müsste unser Land müsste zu seiner eigenen Zukunftssicherung rund ein Prozent seines Anlagekapitals in die Finanzierung von Start-up Unternehmen stecken, fordert FOCUS Online-Experte Heinrich v. Pierer.

Das Problem ist erkannt: Der Zukunftssektor Wagnisfinanzierung ist chronisch unterkapitalisiert. Es passiert in Deutschland viel zu wenig, um Anzahl und Qualität an technologiegetriebenen Start-ups andere Dimensionen zu führen. Dies wäre aber notwendig, damit unsere Volkswirtschaft in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren weiterhin an der Weltspitze steht und unsere Renten finanzierbar bleiben. Der Nutzen einer besseren Start-up Finanzierung wird auch von der Bundesregierung formuliert. Der Koalitionsvertrag widmet sich intensiv dem Thema und ein entsprechendes Gesetz zur Förderung der Gründerszene soll bald auf den Weg gebracht werden. Eine neue staatliche Geldquelle fließt bereits. Im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums sind für 2014 immerhin 23 Millionen Euro an Zuschüssen für Business Angel eingestellt.

Gut! Aber ist das wirklich genug, um die zarte Pflanze Innovationsfinanzierung in Deutschland wirklich zum Blühen zu bringen?  Was muss geschehen, um in Deutschland zu etablieren? Ein Unternehmerkreis um Holger Zinke, Vorstandschef des Biotechnologieunternehmens  Brain AG und einer der profilierten Start-up Unternehmer des Landes stellte unlängst eine Forderung auf, die aufhorchen lässt. Demnach sollte ein Prozent des deutschen Anlagevermögens als Wagniskapital für technologische Innovationen nach dem Motto „1% für die Zukunft“ aufgebracht werden, um dieses Schlüsselsegment im weltweiten Maßstab zügig nach vorne zu bringen. Derzeit verstehen es nur die USA, junge technologiegetriebene Unternehmen mit ausreichend Mitteln auszustatten: Google, Facebook, Twitter, Genentech, Cisco oder Amazon, die großen Erfolgsgeschichten, wie aus Wagniskapital Weltkonzerne entstehen, sind US-amerikanischen Ursprungs.

Deutschen Fonds sind Gründer zu riskant

In Deutschland sind rund 700 Milliarden Euro in privaten Publikumsfonds wie Aktien-, Renten-, Immobilien-, und ähnlichen Fonds angelegt, weitere 1,7 Billionen Euro in Pensionskassen und Lebensversicherungen. Ein Prozent dieser Summe wären knapp 25 Milliarden Euro. Damit ließe sich ein wirklich großes Rad drehen, der Quantensprung würde gelingen. Doch die großen Kapitalsammelstellen investieren hierzulande nicht in Venture Capital. Zu riskant! Es fehlen die Kultur und der nachhaltige Anreiz für solche Investitionsstrategien!

Weil die Powerhäuser Wagnisfinanzierungen meiden, wird inklusive staatlicher VC-Förderung - wie etwa seitens des ERP Startfonds, der KfW-Bankengruppe oder den entsprechenden Einrichtungen der Landesbanken - rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr in Start-up Unternehmen investiert. Diese Summe ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit lässt sich das Ökosystem Innovationsfinanzierung nicht hochpäppeln. Zum Vergleich: In den USA wurden in 2013 über 30 Milliarden US-Dollar in entsprechende Unternehmen gelenkt. In den USA fanden allein 2013 über 50 Börsengänge statt, in Deutschland keiner. Die Schere der chronischen Unterfinanzierung der Technologiebranche geht Jahr für Jahr weiter auseinander.

Was kann die Politik also tun, um die Finanzströme in die Innovationsfinanzierung zu lenken? Der eigentliche Hebel liegt in der Mobilisierung der großen institutionellen Investoren über Steuervorteile für den Kapitalanleger. Investitionen in Start-up Unternehmen müssen steuerlich so gestellt werden, dass sich das gesamte System Gründerszene fundamental wandelt. Auch der Koalitionsvertrag hat dies erkannt: „Wir wollen die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital international wettbewerbsfähig gestalten und Deutschland als Fondsstandort attraktiv machen.“ Davon ist man heute meilenweit entfernt, Handlungsbedarf für einen „Ruck“ besteht.

Abschreibungsmodelle für Technologiefinanzierung

Würde es gelingen, große Kapitalströme über Abschreibungsmöglichkeiten in die Technologiefinanzierung zu lenken, hätte dies konstruktive Konsequenzen. Die Zahl der Business Angel würde in Deutschland anschwellen. Die Gründer brauchen erfahrene und erfolgreiche Unternehmer, die bereit sind, mit Leidenschaft in mutige neue Ideen zu investieren, die das Potenzial für disruptive Veränderungen der Märkte besitzen. Alleine im Silicon Valley sind rund 20.000 derartige Business Angel tätig, mit Ikonen wie Bill Gates, Eric Schmidt,  oder Peter Thiel an der Spitze. In der Industrie- und Technologienation Deutschland verfügen wir über vielleicht 2000 derartige Business Angel.

Ausreichend Kapital für die Gründung und Expansion junger Unternehmen würde insbesondere die Möglichkeit eröffnen, in einem reiferen Stadium diese jungen Firmen an die Börse zu bringen. Start-ups und auch ihre Frühphaseninvestoren leiden in Deutschland daran, dass der Weg des IPOs nach dem dramatischen Zusammenbruch des Neuen Marktes immer noch verwehrt ist. Die deutschen Börsen fassen junge Firmen seither nicht mehr an. Wir brauchen aber IPOs, um Wachstum in einer späteren Phase der Unternehmensentwicklung zu finanzieren. Börsengänge würden Erfolgsstorys produzieren und auch frische Idole für junge Unternehmer liefern wie es in den USA ein Mark Zuckerberg, Elon Musk  oder Larry Page sind. Eine solche Entwicklung würde jungen talentierten Menschen in Deutschland zeigen, dass der Mut zum Unternehmertum lohnt.

Am Ende entstünde rund um Wagniskapital eine Welt, deren technologischen Erfolge die Zukunft Deutschlands sichern könnte. Das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel wäre dann greifbar: „Unser Land braucht eine „Neue Gründerzeit“. Wir wollen Unternehmertum und Gründungsgeist stärken und zu mehr gesellschaftlicher Anerkennung verhelfen.“

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