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Statistisch gesehen wird es eng: Errechnet! So geht das DFB-Spiel gegen Ghana aus
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WM 2014Germany Training & Press Conference - 2014 FIFA World Cup Brazil
Getty Images Nächster Sieg gegen Ghana? Thomas Müller (r.)
  • FOCUS-online-Experte

Am Samstag spielt Deutschland im zweiten WM-Vorrundenspiel gegen Ghana. FOCUS-Online-Experte Metin Tolan verrät, warum ein Unentschieden der wahrscheinlichste Spielausgang ist, Deutschland aber trotzdem gewinnt.

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Seit den präzisen Voraussagen des Oktopus „Paul“ bei der WM 2010 werden viele solcher Orakel bemüht, um den Ausgang von Fußballspielen vorauszusagen. Es ist aber auch möglich, eine wissenschaftlich fundierte Prognose abzugeben - mithilfe eines „statistischen Orakels“.Dafür können wir das gleiche Modell anwenden, welches früher schon zur Simulation des ganzen Turniers eingesetzt wurde.

Wir gehen wieder von der durch Analyse der Daten der Fußball-Bundesliga und von Nationalmannschaften gestützten Annahme aus, dass eine Fußball-Mannschaft im Prinzip nichts anderes ist als eine „radioaktive Quelle" - nur, dass sie eben keine Strahlung emittiert, sondern Tore. Die Verteilung der Anzahl der Spiele, bei denen k Tore geschossenen werden, folgt dann einer Poisson-Verteilung, die etwa auch den radioaktiven Zerfall bestimmt. Eine solche Verteilung beginnt immer mit einem bestimmten Wert, läuft dann durch ein Maximum und fällt für große Werte stark ab. Dabei liegt das Maximum ungefähr bei der mittleren Anzahl a der Tore.

Deutschland schoss im Mittel 3,6, Ghana 3,1 Tore

Während der WM in Brasilien sind im Durchschnitt bisher etwa drei Tore pro Spiel gefallen, also ist a = 3 für alle Teams im Mittel. Für die Poisson-Verteilung gilt dann:  p(k) = a * ea / k! Diese Poisson-Formel gibt nun, an wie groß die Wahrscheinlichkeit p(k) ist, dass ein Spiel mit einer Gesamtzahl von k Toren endet, wenn im Durchschnitt a Tore pro Spiel fallen. Die gleiche Formel gilt aber auch für jede einzelne Mannschaft: Die Wahrscheinlichkeit p(k) ist dann die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Mannschaft in einem Spiel k Tore erzielt, wenn sie im Durchschnitt a Tore pro Spiel schießt. Dabei ist e = 2.7182818.... die sogenannte Euler’sche Zahl und k! (sprich k Fakultät) ist eine Kurzschreibweise: k! = 1*2*....*(k-1)*k.

Deutschland hat im Schnitt 3,6 Treffer pro Qualifikationsspiel zur WM 2014 erzielt, Ghana 3,1. Für Deutschland ist also a = 3,6 und für Ghana gilt a = 3,1. Wenn wir nun annehmen, dass beide Teams exakt ihre Form aus der Qualifikation abrufen, dann können wir mit der Poisson-Verteilung ausrechnen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Deutschland genau k = 3 Tore schießt, bei 21,2 Prozent liegt. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Ghana gar kein Tor, also genau k = 0 Tore, erzielt, liegt bei 4,5 Prozent, wie man leicht durch Einsetzen von  k = 0  und a = 3,1 in die Poisson-Formel berechnen kann.

Das wahrscheinlichste Endergebnis: Ein 3:3

Spielen nun beide Mannschaften gegeneinander, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Deutschland 3:0 gewinnt, gegeben durch 21,2 Prozent × 4,5 Prozent = 0,9 Prozent. Dies gilt nur dann, wenn wir annehmen können, dass alle Tore unabhängig voneinander fallen. Hier zeigt eine umfangreiche statistische Analyse, dass dies im Fußball der Fall ist. Die Tore beeinflussen sich im Mittel nicht, obwohl der Zuschauer manchmal das Gefühl hat, dass Mannschaften nach Rückständen oder Führungen ihre Taktik drastisch ändern. Das ist sicher auch der Fall - auf das Tore schießen hat es aber keinen statistisch messbaren Einfluss.

Nun lassen sich daher für alle möglichen Ergebnisse Wahrscheinlichkeiten berechnen. Beispielsweise ergibt sich, dass 3:3 mit 4,8 Prozent das wahrscheinlichste Endergebnis von allen möglichen ist, gefolgt vom Sieg Deutschlands mit 3:2 mit 4,6 Prozent und 4:3 mit 4,3 Prozent Wahrscheinlichkeit. Ein 4:2 für unser Team hat mit 4,1 Prozent auch noch eine Wahrscheinlichkeit von über vier Prozent. Ein 2:3 ist mit 4,0 Prozent das Ergebnis mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eines Sieges für Ghana gefolgt von einem 3:4 mit immerhin noch 3,7 Prozent.

Deutschland gewinnt mit einer Wahrscheinlichkeit von 49,8 Prozent

Da beide Mannschaften sehr viele Tore in der Qualifikation geschossen haben, liefert eine Analyse, die sich ausschließlich auf diese Ergebnisse stützt, natürlich auch die höchsten Wahrscheinlichkeiten für sehr torreiche Partien. Die Wahrscheinlichkeit für ein 0:0 ist lediglich 0,1 Prozent oder 1 Promille. Aber trotzdem: Selbst der Maximalwert liegt bei 4,8 Prozent. Was sind das schon? Jedes einzelne Ergebnis hat eine sehr kleine Wahrscheinlichkeit - so muss es auch sein, denn der Fußball ist natürlich unberechenbar.

Als letztes können wir noch alle Wahrscheinlichkeiten von den Ergebnissen zusammenzählen, bei denen Deutschland als Sieger vom Platz gehen würde. Dann ergibt sich die gesamte Siegwahrscheinlichkeit für unsere Jungs. Die Berechnung liefert hier einen Wert von 49,8 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für ein Unentschieden ist 15,5 Prozent, und Ghana gewinnt mit einer Wahrscheinlichkeit von 34,7 Prozent. Deutschland hat hier also ungefähr einen 60:40 Vorteil. Eines kann man somit auf jeden Fall sagen: Es wird ein enges Match - statistisch gesehen.

Metin Tolan lehrt Experimentelle Physik an der Technischen Universität Dortmund. In seinem Buch „Manchmal gewinnt der Bessere: Die Physik des Fußballspiels“ betrachtet er den Sport aus humoristischer Sicht. Darin präsentiert der bekennende VfB-Stuttgart-Fan unter anderem eine Formel, die den nächsten Fußballweltmeister vorhersagt.

 

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