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Captain Future: Der beste Mann im All

Kultserie "Captain Future" Weltraumskipper mit Rehaugenbonus

Photonenantrieb, sphärische Frauengesänge und heiße Flirts im Weltall: Stefanie Maeck verliebte sich 1980 in Captain Future - der sie aus der Langeweile des Waldorfkindergarten-Universums rettete.

Der Superheld meiner Kindheit trug ein funkelndes "F" an seiner Gürtelschnalle, seine Freunde riefen ihn einfach nur "Future". Ziemlich cool. Er trat im Jahr 1980 in mein Leben, mit Hyperraumantrieb. Ich war fünf und besuchte den Waldorfkindergarten. Doch ich ahnte, dass es da draußen mehr geben musste als Wachsmalstifte, Seidentücher oder das Disney-Zeichentrickdrama "Cap und Capper".

Die Bestätigung ereilte mich an einem Nachmittag im September. Ich langweilte mich mal wieder. Ich saß im Fernsehsessel mit dem Kuschelfell, als mich die Melodie zu Captain Future wie ein Erweckungsschlag traf: Unter hohen, sphärischen Frauengesängen, "Huhuhuhu", was ich sofort unfassbar cool fand, glitt ein Raumschiff durch das Universum. Ich traute meinen Augen kaum: Sternennebel funkelten, fremde Galaxien huschten vorbei: Es brauchte nur die Sekunden des Serien-Intros - und ich war bereits Future-Fan.

Noch nie hatte ich so was gesehen und gehört. Eine männliche Stimme rief mit einem gewaltigen Hall "Captain Future", so als wollte sie das gesamte Weltall wecken. Wahnsinn!

"Photonentriebwerk fertig zur Zündung!"

Das Raumschiff setzte an zum Startvorgang. Feuer schoss als weißer Strahl aus seinem Triebwerk. Es war, so erfuhr ich, das beste Raumschiff des Universums, die "Comet". Die Kamera glitt an ihr vorbei, und ich begriff, das war Hightech!

Jeder Start in den Weltraum war ähnlich. "Check Kontrollsystem. Triebwerke 1 bis 4 okay, Haupttriebwerk okay." Einsatz der sagenhaften Musik. "Photonentriebwerk fertig zur Zündung." Eine Hand drückte den Steuerknüppel sanft aber bestimmt hinunter. Future und sein Co-Pilot Greg lehnten dabei lässig ausgestreckt in den futuristischen Boardsesseln. Vor ihnen leuchtete die Boardelektronik bläulich. Und schon glitten wir durchs Weltall, um den Planeten Megara im Sternbild des Schwan von einem Bösewicht zu befreien.

Besonders mochte ich auch solche Ansagen: "Achtung: Ich schalte von Raumgeschwindigkeit 1 auf Raumgeschwindigkeit 2." Auch ich fühlte mich in den Sessel gedrückt. Die Musik machte sowieso euphorisch. Nicht immer waren mir alle technischen Details einleuchtend, aber ich nickte sie bei meiner Lieblingsserie großzügig ab: "Photonentriebwerk y3 auf Raumstrahlung, wir verlassen das Magnetfeld der Erde."

Nur eines fragte ich mich komischerweise nie: Warum wurde das Weltall eigentlich aus New York regiert?

Futures Team - das waren der Androide Otto, eine Art Gummipuppe in einem pinkfarbenen Overall, der Roboter Grag und das fliegende Gehirn namens Professor Simon - hatten eine Mission: die Erde retten. In der Crew siezten sie sich förmlich. Schnell war ich ein bisschen verliebt in Future: Es war genau dieser Charme zwischen heldenhafter Ritterhaftigkeit, Einzelgängertum und einer Jungenhaftigkeit, die angenehm asexuell und verträglich für mich als Waldorfkindergartenkind war. Future wurde meist ein wenig von unten gezeigt. Jeder Depp kapierte, dass er unfassbar smart war. Sein Raumanzug segmentierte seinen Körper vortrefflich, er zeigte einen muskulösen Oberkörper und dünne Beinchen, die beinahe schon spiddelig waren - doch darüber sah ich großzügig hinweg.

Heiß wie eine Aerobic-Trainerin

Dass Future im Prinzip vergeben war, fand ich auch nicht so schlimm. Im Gegenteil, ich genoss die Hinweise auf die Verliebtheit von Future und der Top-Agentin Joan Landor. Ich inhalierte sie förmlich. Joan gehörte der Planetaren Polizei an und war eine Blondine, die in ihrem roten Raumanzug ungefähr so aussah wie eine Aerobic-Trainerin in den Achtzigern. Heiß. Mit Oberweite und Wespentaille. Das gefiel mir Meilen besser, als die sackartigen Norwegerpullis meiner Walddorf-Kindergärtnerinnen, die morgens unseren Märchenkreis moderierten.

Immer, wenn es mit Future etwas romantisch wurde, errötete Joan und wandte ihren Kopf nach unten. Doch sie war nicht einfach nur hilflos, zwar wurde sie öfter entführt, und Future musste sie dann suchen und retten, aber sie war auch eine Frau mit einem eigenen Kopf. Unvergessen, wie sie heimlich mit ihrer Waffe aufbrach, um zu ermitteln, warum sich die Menschen von Megara in gruselige Gorillas verwandelten.

Neben dieser Romanze waren die eigentlichen Highlights aber die Bösen, die auf dem Raumschiff-Televisor, dem Boardbildschirm der "Comet" auftauchten. Allein das fand ich gruselig. Jedes Mal erschauerte ich meinem Fernsehsessel. Die Bösen waren entweder Riesen oder Zwerge oder sprechende Schatten oder durchgeknallte Wissenschaftler. Sie sprachen mit blecherner Stimme und lachten teuflisch. Jedes Mal waren sie unfassbar fies zu Captain Future, denn er war der Einzige, der es mit ihnen aufnehmen konnte. Er war gefährlich für sie.

Auf dem Weg zu den Bösen war ein weiterer Nervenkitzel natürlich das Landen auf dem fremden Planeten. Unvergessen ist mir hier die erste Folge, als Future und das Future-Team auf dem Planeten Megara aufräumen müssen. Dort gibt es Nachtbarcomfort, Salons und herumfliegende Echsen, das war ein Sündenpfuhl! Wie Dandys lehnten die Außerirdischen an der Bar, soffen und zofften sich. Trotzdem, ich war jedes Mal total froh, wenn das Raumschiff wieder abhob. Man wusste ja nie.

Future war genau der richtige Mann, um mit ihm zu neuen Ufern aufzubrechen. Im Kindergarten hatte ich die Hochzeit von Lady Di gesehen, doch Captain Future stellte die Weichen irgendwie neu: Ich hatte die pädagogisch korrekten Wachsmalstifte gegen die Weiten des Weltalls getauscht und das Biomüsli gegen einen intergalaktischen Brennstoffcheck. Als ich endlich eingeschult wurde, konnte ich in der Schule bei den Jungs schnell Eindruck machen, weil ich die Seriendetails kannte: Superelektroskop, Überlichtgeschwindigkeitsantrieb und so. Unter den Mädchen konnte man sich angenehm unterscheiden. Doch Captain Future stand auch für Werte: Er hatte sich der edlen Aufgabe verschrieben, dem Frieden in der Galaxie zu dienen.

Zu Recht, wie ich fand. Die spektakuläre Softporno-Galaxie-Musik klang in jeder Folge so aufmunternd, dass man wusste, es würde auch dieses Mal wieder gutgehen. Future würde radioaktives Metall, Gravium aufspüren oder fünf Milliarden Jahre zurück in die Vergangenheit reisen können.

Weltenretter im Unsichtbar-Modus

Dafür kamen schon mal technische Gimmicks zum Einsatz, wie es sie in keinem der damals kursierenden "Yps-Hefte" gab. Da war zum Beispiel Futures Hypnose-Uhr, mit der er einen Wärter ausschaltete. In besonders brenzligen Situationen konnte er sich für drei Minuten unsichtbar machen und die gefangene Joan losketten.

Aber auch die "Comet" hatte so manche Tricks drauf, wie später die Autos von Top-Agent James Bond. Tarnvorrichtung, Protonenkanone oder das Beiboot "Cosmoliner": Es war immer ein super Gefühl, wenn die Bösen sich über stellare Verwirbelungen wunderten und die "Comet" im Stealth-Modus, also unsichtbar an ihnen vorbeiflog. Ich kicherte bewundernd vor dem Fernseher und stellte mir sofort vor, wie ich in so einem Modus meine Kindergärtnerin im Morgenkreis überfliegen würde.

Ob alles tatsächlich so naturwissenschaftlich fundiert war, sei dahingestellt. Mein Berufswunsch stand zumindest eine Zeitlang fest: als Erstklässlerin wollte ich so werden wie Joan Landor. Später wollte ich dann Top-Gun-Pilotin werden.

Na ja, und heute habe ich Flugangst. Doch mit Future entflog ich dem Dämmerschlaf des Kindergartens.

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