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Bonisystem der Krankenkassen Regierung will Deutsche gesund machen

Fettiges Essen, Stress und wenig Bewegung kosten Tausenden das Leben. Ein Gesetz soll das ändern: Mit Gesundheitszielen für Krankenkassen und mehr Arztuntersuchungen will Schwarz-Gelb die Volkskrankheiten zurückdrängen. Und stößt dabei auf Widerstand der Opposition.
Übergewichtige Frau: Ein Gesetz soll die Deutschen gesünder machen

Übergewichtige Frau: Ein Gesetz soll die Deutschen gesünder machen

Foto: Waltraud Grubitzsch/ dpa

Berlin - Die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland steigt, immer mehr Menschen leiden unter Diabetes, entwickeln Depressionen oder das Burnout-Syndrom. Doch das soll sich bald ändern: Nach jahrelanger Debatte soll am Mittwoch ein Gesetzentwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, zur Prävention das Bundeskabinett passieren. Das Paragrafenwerk sieht gezielte Programme der Krankenkassen, mehr Arztuntersuchungen und Boni für gesundheitsbewusste Arbeitnehmer vor. Auf diese Weise sollen Volkskrankheiten wie Diabetes zurückgedrängt werden. Im Bundesrat allerdings muss Schwarz-Gelb mit heftigem Widerstand rechnen.

Anders als noch in Eckpunkten vom Dezember geplant, will die Koalition die Kassen dazu verpflichten, konkrete Gesundheitsziele zu erreichen. Sie sollen Diabetes Typ 2, Depressionen und Tabakkonsum zurückdrängen, die Brustkrebs-Sterblichkeit senken sowie die Gesundheit allgemein fördern - speziell bei Kindern und Älteren. "Wir setzen punktgenau an", sagte CSU-Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn erklärte: "Wenn man gleich alles auf einmal wollte, würde man sich verzetteln."

Die Krankenkassen sollen ihre Ausgaben für die Präventionsprogramme von drei auf sechs Euro pro Versicherten verdoppeln. Der Entwurf beziffert die Mehrausgaben auf bis zu 180 Millionen Euro ab 2014. "Die Kassen müssen sich zugleich bei der Qualität anstrengen", forderte Spahn. "Fitnessgutscheine für Versicherte, die ohnehin schon Sport treiben, bringen uns nicht weiter."

Kritik: Kein Fokus auf sozial Benachteiligte

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) betonte in der "Bild am Sonntag", wie wichtig Vorbeugemaßnahmen schon für Patienten ab dem 35. Lebensjahr sind. Der Gesetzentwurf sieht allerdings vor, dass die Regeln für den sogenannten Check-up 35 überprüft werden. Weder die Altersgrenze noch die zweijährigen Untersuchungsintervalle entsprächen dem Stand der Wissenschaft. Zusätzlich sollen Versicherte künftig die Möglichkeit haben, sich beim Arzt auf Gesundheitsrisiken in ihrem Verhalten untersuchen zu lassen. Der Arzt soll dann Präventionsempfehlungen ausschreiben - die Kassen sollen entsprechende Kurse zahlen. Kinderuntersuchungen sollen auf die Altersgruppe der Sechs- bis Zehnjährigen ausgeweitet werden.

Die Opposition kritisierte die Pläne scharf. "Die eigentliche Aufgabe, die Gesundheitsrisiken sozial Benachteiligter abzubauen, wird gar nicht angepackt", sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. Dabei seien die Risiken etwa für psychische Leiden, Alkohol und Sucht oder Kindererkrankungen dort am größten. "Das kommt aber gar nicht vor." Zentral wäre, auf die Menschen in Kindergärten, Schulen und Wohnquartieren zuzugehen. Auch SPD und Linke hatten sich bereits ablehnend geäußert.

Die Koalition, die im Bundesrat auf die Opposition angewiesen ist, hofft dennoch, das Gesetz durchzubringen. "So ein wichtiges Projekt zu stoppen, wäre ein Risiko für die Verantwortlichen", sagte Singhammer.

Auch Belohnungen sollen die Deutschen zu einem gesunden Verhalten motivieren. Arbeitnehmer und Betriebe sollen von den Krankenkassen Boni bekommen, wenn Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz klappt. Betriebe und Kassen sollen Gruppentarife aushandeln können. Kleine Firmen sollen das über die Kammer machen können.

irb/dpa