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Herzbericht 2013: Männer erkranken häufiger und sterben früher

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Bundesweiter Bericht So krank sind Deutschlands Herzen

In Deutschland sinkt die Zahl der Todesfälle durch Herzkrankheiten, doch es gibt erhebliche regionale Unterschiede. Laut einem aktuellen Bericht sterben Frauen doppelt so häufig an Herzschwäche wie Männer.

Berlin - Es ist die gute Nachricht des Tages: In Deutschland sterben immer weniger Menschen an Herzkrankheiten. Das besagt der Deutsche Herzbericht 2013 , den die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit den Fachgesellschaften für Herzchirurgie, Kardiologie und Kinderkardiologie in Berlin vorgestellt hat. Zwar führen die Herz-Kreislauferkrankungen noch immer die Todesursachenstatistik der Bundesrepublik an. Aber im Vergleich zu 1980 ist die Zahl der an Herzkrankheiten Verstorbenen von 307 pro 100.000 Einwohnern auf 257 pro 100.000 Einwohner gesunken.

"Möglicherweise ist eine gesündere Lebensweise die Ursache", begründete Christian Hamm, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, den positiven Trend. "Außerdem können wir Herzkrankheiten heute besser erkennen und mit Medikamenten oder operativ behandeln."

Doch die gute Nachricht darf nicht über ein gewichtiges Problem hinwegtäuschen: Die absoluten Zahlen sind weiterhin hoch.

  • Im Jahr 2011 starben insgesamt 52.111 Menschen allein an einem Herzinfarkt.
  • Außerdem ist die Gefahr groß, im Lauf des Lebens am Herzen zu erkranken; etwa bei der Herzinsuffizienz (Herzschwäche), den Herzrhythmusstörungen und Herzklappenerkrankungen nimmt sie sogar noch zu.
  • Auch die Therapie ist nicht immer einfach, unter anderem aufgrund der Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während Männer insgesamt nach wie vor häufiger aufgrund einer Herzerkrankung in einer Klinik behandelt werden (57,5 Prozent) und bei ihnen ein Herzinfarkt häufiger die Todesursache ist, starben im Jahr 2011 doppelt so viele Frauen wie Männer an einer Herzschwäche.

Mehr Herzinfarkt-Tote im Osten

Der Herzbericht weist zudem auf einen Missstand hin: Wie viele Menschen an Herzkrankheiten sterben, unterscheidet sich zwischen den Regionen zum Teil deutlich. Die sogenannte Mortalitätsziffer (angegeben pro 100.000 Einwohner) schwankt etwa bei der koronaren Herzkrankheit stark. Sachsen-Anhalt (266), Sachsen (244) und das Saarland (207) liegen deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 155, während Bremen (112), Berlin (125) und Baden-Württemberg (128) weit darunter liegen. Auch am Herzinfarkt versterben in Sachsen-Anhalt deutlich mehr Menschen als in anderen Bundesländern. Insgesamt existiert allerdings kein eindeutiges Ost-West-Gefälle.

"Anhand der Unterschiede sehen wir, dass von einer flächendeckend einheitlichen Versorgung von Herzpatienten nicht die Rede sein kann", sagt Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Die möglichen Gründe dafür sind vielfältig: In ländlichen Gebieten ist die Arztdichte deutlich geringer als etwa in Hamburg oder Bremen, auch fehlen hochspezialisierte Zentren. Gleichzeitig unterscheiden sich die Bevölkerungsstruktur, möglicherweise auch das Gesundheitsbewusstsein und der sozioökonomische Status.

Sterbeziffer verschiedener Herzerkrankungen

Haben die Bremer weniger Herzkrankheiten als die Sachsen?

Bei den Erkrankungen kommt der Bericht zu einem ähnlichen Trend: In Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern scheinen die Menschen häufiger aufgrund einer koronaren Herzkrankheit im Krankenhaus behandelt zu werden als etwa in Hamburg, Bremen, Bayern oder Baden-Württemberg.

Allerdings könnte diesen Unterschieden auch ein Problem der erhobenen Daten zugrunde liegen. In Deutschland gibt es kein nationales Register für Krankheiten. Daher stammen die Daten von den Diagnoseziffern, die zur Verschlüsselung von Patientendaten verwendet werden. Bei dieser sogenannten ICD-Codierung kann es zu deutlichen Unterschieden kommen, weil nicht sicher kontrolliert werden kann, ob Ärzte die Erkrankungen überall gleich definieren. Insbesondere in kleinen Bundesländern wie Bremen können Codierungsfehler die Statistik stark beeinflussen, während ein Fehler in größeren Bundesländern, wo es mehrere Codierungsstellen gibt, wieder ausgeglichen wird. "Diese regionalen Unterschiede bei den Erkrankungen sind mit Vorsicht zu genießen", sagt Thomas Meinertz.

Stationäre Krankheitsziffer nach Bundesländern 2011

Weniger Kinder sterben

Nicht nur Ältere, auch Kinder sind von Herzkrankheiten betroffen. Jedes 100. Baby kommt mit einem Herzfehler zur Welt, in Deutschland sind das etwa 6500 Babys pro Jahr. Im Vergleich zu 1990 sind im Jahr 2011 60 Prozent weniger Menschen durch angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems gestorben. Die Kinderkardiologen sind daher äußerst zufrieden. "Das ist die Erfolgsstory der letzten 30 Jahre", sagte Brigitte Stiller, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie.

Doch die Errungenschaften der modernen Medizin haben auch ihre Schattenseiten: Kritiker bemängeln, dass in Deutschland zu viel therapiert wird - oft nur aus finanziellem Interesse der Ärzte. Kardiologe Christian Hamm entgegnet: "Wir leisten uns in Deutschland viel Lebensqualität. Heute ist kaum noch einer bereit, mit Herzschmerzen zu leben, auch wenn sie sein Leben vielleicht nicht verkürzen."