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Kognitive Leistungsfähigkeit Lauf dich schlau

Sport fördert die geistige Leistungsfähigkeit - immer mehr Studien zeigen, welche Spuren körperliche Aktivität im Hirn hinterlassen. Wer tiefgreifende Effekte erzeugen will, sollte regelmäßig trainieren. Das kann das Denkorgan sogar vergrößern.
Laufen für Körper und Geist: Gehirnjogging mal anders

Laufen für Körper und Geist: Gehirnjogging mal anders

Foto: ? Mike Blake / Reuters/ REUTERS

Gehirnjogging mal anders: Sportkleidung an, raus, eine halbe Stunde Laufen gehen - etwas schlauer zurückkommen. Vielleicht fördert das unsere geistige Leistungsfähigkeit sogar mehr als ein Haufen Sudoku- oder Kreuzworträtsel. Denn dank zahlreicher Studien in den vergangenen Jahren wissen Forscher inzwischen: Wer Sport treibt, trainiert nicht nur seinen Körper, sondern auch sein Gehirn.

Eine dieser Studien kommt jüngst aus Bochum. Das Team um den Neurologen Tobias Schmidt-Wilcke vom Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil legte 26 Leistungssportler und 12 bekennende Nichtsportler in den Kernspintomografen (MRT). Die Aufnahmen ihrer Gehirne zeigten: Die Sportler hatten in bestimmten Bereichen, vor allem im sogenannten supplementären motorischen Areal (SMA), deutlich mehr Hirnsubstanz als die Nichtsportler.

Was aber haben die Betroffenen davon? Zwar ist das SMA unter anderem für das Erlernen von Bewegungsabfolgen zuständig. Dennoch gehen die Forscher davon aus, dass sich das Mehr an Hirnsubstanz ganz allgemein positiv auf die Leistungsfähigkeit der Sportler auswirkt. Schließlich kommt der SMA neben dem Einstudieren von Bewegungen auch bei etlichen anderen Vorgängen im Gehirn zum Einsatz.

Positive Wirkung auf verschiedenen Ebenen

Wie sehr Sport die Leistungsfähigkeit des Gehirns fördert, lässt sich nicht nur an seiner Größenzunahme ablesen. Kanadische Forscher vom Montreal Heart Institute etwa ließen unsportliche Erwachsene zweimal wöchentlich ein intensives Intervalltraining machen. Nach vier Monaten hatte sich nicht nur ihre Kondition deutlich verbessert - sie erzielten auch in Tests ihrer geistigen Leistungsfähigkeit deutlich bessere Ergebnisse.

Einen Teil dieser gestiegenen Leistung können Wissenschaftler durch die kurzfristige Wirkung von Sport erklären: Das Gehirn wird nachweislich besser mit Sauerstoff versorgt. "Schon beim Spazierengehen kann die Durchblutung des Gehirns um etwa 20 Prozent gesteigert werden, bei mittlerer Belastung um bis zu 30 Prozent. Durch den erhöhten Blutfluss werden neben dem Sauerstoff auch biochemische Substanzen besser transportiert", sagt der Sportwissenschaftler Karsten Werner von der Deutschen Sporthochschule in Köln.

Wirklich tiefgreifende Effekte, die sogar die Hirnstruktur verändern, treten aber vor allem bei regelmäßigem Sport über einen längeren Zeitraum auf: "Körperliche Aktivität begünstigt die Bildung neuer Synapsen und Umbaumechanismen und auch die Festigung bestehender Hirnverbindungen", sagt Werner.

Das beschränkt sich offenbar nicht nur auf die für die sportliche Bewegung spezifischen Hirnstrukturen. Die Bochumer Studie etwa zeigte: Bei denjenigen Leistungssportlern, die Ausdauersportarten ausübten, wurde nicht nur der SMA größer, sondern auch der Hippocampus - ein Teil des Gehirns, der unter anderem auch eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen spielt.

Aktivität, Erfahrung, Wachstum

Was genau am Sport die Umbauprozesse im Gehirn in Gang setzt, darüber wird noch spekuliert. Eine naheliegende Vermutung ist, dass die sowohl die höhere Durchblutung als auch die Ausschüttung von chemischen Botenstoffen das Gehirn leistungsfähiger macht. "Wahrscheinlich spielt die körperliche Anstrengung eine zentrale Rolle", sagt Stefan Schneider, ebenfalls Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule in Köln. "Es könnte aber auch etwas anderes sein, das den Sport auch kennzeichnet: 'Die Bewegung und die damit verbundene Erfahrung.'"

Darauf deutet auch eine im Mai im Fachmagazin "Science" veröffentlichte Studie hin, bei der ein Team um die Biologin Julia Freund der TU Dresden mit Sendern ausgestattete Mäuse im Labor beobachtete. Bei jenen Tieren, die sich über die Zeit besonders aktiv in ihrem Territorium bewegten (ohne dass sie sich dabei übermäßig anstrengten), war das Gehirn im Laufe der Jahre besser erhalten geblieben als bei den weniger aktiven Mäusen.

Dass schon Bewegung allein - ohne große körperliche Verausgabung - das Gehirn trainiert, hält Schneider auch entwicklungsbiologisch für einleuchtend: "Schon beim Aufwachsen ist Bewegung ein fundamentales Prinzip für die Entwicklung des Gehirns." Warum sollte das im Erwachsenenalter anders sein? Was auch immer der Grund ist, fest steht: Sport fördert nicht nur unsere körperliche Leistungsfähigkeit, sondern auch unsere geistige. Lauf dich schlauer - es funktioniert.