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Achilles' Verse Stilsicher zum Triathlon-Hipster

Triathlon ist der Trendsport des Sommers. Wie aber wird man Ausdauerathlet ohne allzu viel Talent oder Training? Style-Guru Achim Achilles verrät zehn sichere Schritte zum Tri-Hipster.
Ausdauerathleten: Echte Tri-Hipster setzen lieber auf antike Pilotenbrillen statt auf sündhaft teure Plastikbrillen im Latrinenfliegen-Design

Ausdauerathleten: Echte Tri-Hipster setzen lieber auf antike Pilotenbrillen statt auf sündhaft teure Plastikbrillen im Latrinenfliegen-Design

Foto: Corbis

Jennifer Lopez tut es, Teri Hatcher auch, Robbie Williams und Matthew Mc Conaughey haben's wenigstens versucht, Jenson Button und Nico Rosberg sind richtig schnell: Triathlon ist nicht nur bei Promis hoch im Kurs. Auch Otto Normalläufer und andere Fitnessjünger versuchen sich immer öfter an der Königsdisziplin des Ausdauersports. Wer keine Lust auf stundenlanges Kilometer-Abrackern hat und trotzdem eine gute Triathletenfigur abgeben will, muss nur einige Dinge beachten.

1. Das Rad

Carbon kann jeder, Liegelenker auch - alles widerliche Massenware. Deswegen entscheidet sich der Triathlet mit Stil für einen stählernen Radklassiker, etwa den orangen Eddy-Merckx-Rahmen vom Typ "Corsa". Nun gut, der cW-Wert entspricht einer belgischen Schrankwand, aber die Konkurrenz spendiert immer ein aufmunterndes Lächeln. Oder ist es Mitleid, weil sonst keiner bergauf schiebt?

2. Zeitfahrhelm an der Ampel

Weil kühner Materialmix das Geheimnis fortgeschrittenen Hipstertums ist, trägt der Tri-Styler seinen spitzen Zeitfahrhelm nicht nur zum Merckx-Bike, sondern auch im Stadtverkehr. Hektisches Kopfdrehen an der Ampel sorgt nebenbei dafür, dass die dämlich grinsenden Konkurrenten links und rechts ausgestochen werden.

3. Die Sonnenbrille

Fast immer entscheidet der erste Eindruck. Und den macht die Sonnenbrille. Während Profis und ihre Breitensport-Epigonen sündteure Plastikbrillen im Latrinenfliegen-Design bevorzugen, trägt der Hipster eine antike Pilotenbrille, vollverspiegelt und mit Gläsern groß wie Solarpanele. Das Ding beschlägt zwar, hinterlässt tiefe Einschnitte auf dem Nasenrücken und fällt dauernd runter, aber das ist wiederum eine prima Ausrede für die katastrophale Zeit.

4. Der Blick

Für die wenigen Momente, da keine Sonnenbrille getragen wird, unbedingt einen Heldenblick einstudieren: stilles Fixieren des Horizonts, zuversichtlich zwar, aber mit Weltschmerzernst angereichert, ungefähr so wie Angela Merkel beim Langlauf. Die Welt soll glauben, es handele sich um Konzentration. Dabei ist es nackte Panik.

5. Der Taucheranzug

Hipster wissen: nie am falschen Ende sparen! Weil aber für viele Triathleten bereits der Anfang das Ende ist, weil zuerst einmal geschwommen werden muss, ist eine Hochtechnologie-Schwimmhilfe überlebenswichtig. Also unbedingt einen knappen Tausender in einen Neoprenanzug mit Hovercraft-Technik investieren. Auch beim Brustschwimmen macht der Auftrieb viel aus. Einziges Problem: Wie zeigt man Menschen auch abseits von Trainingsgewässern, was man Tolles besitzt? Ganz einfach: Den Neo im Club lässig wie einen Pali-Feudel über der Schulter tragen. "Geiles Material", werden die anderen Mediengestalter raunen und alle mal anfassen wollen.

6. Kohlehydratmast

Low-Carb herrscht inzwischen auf nahezu jedem Durchschnittsteller. Der Hipster lädt sich folglich gut sichtbare Berge von Nudeln und Kartoffeln auf den Teller, begleitet von einem lässigen: "Wird beim Intervalltraining  heute ja eh alles wieder verbrannt." Da die Übungseinheit wegen dringender Shopping-Termine leider erneut ausfallen muss, endet die Mittagspause doch wieder mit einem Finger im Hals.

7. Exotisches Trainingslager

Seit jeder Normalo mit dem Billigflieger auf City-Trip geht, flieht der Hipster in wirklich angesagte Gegenden wie Altmark, Ruhrauen oder Münsterland. Wichtig: möglichst keine Berge, kein Wind und keine Zeugen, die sich über diese merkwürdige Gestalt amüsieren, die versucht, im Neoprenanzug auf ein Eddy-Merckx-Rad zu klettern.

8. Keine Details

Viele Laien glauben, dass "Triathlon" und "Ironman" dasselbe sind, also die Ultradistanz über 3800 Meter Schwimmen, 180 Kilometer Rad und ein finaler Marathon. Nur wenige wissen, dass auch Ministrecken ab 500m/10km/2km angeboten werden. Deswegen gilt: niemals Orte, Zeiten, Distanzen angeben, sondern einfach nur "Triathlon" sagen und den Blick (vergl. Punkt 4) aufsetzen. Funktioniert bei 95 Prozent der Mitbürger.

9. Mythen basteln

Training im Morgengrauen , das schindet wirklich Eindruck in unserer schlafmangelgeplagten Zeit. Also einmal im Jahr in aller Frühe aus dem Bett gequält und durch den Park geschleppt. Dauer und Strecke sind egal, wichtig ist nur, dass die Uhrzeit auf dem Instagram-Selfie klar herauskommt. So ist das Image zementiert, denn fortan wird jeder Co-Hipster bewundernd sagen: Das ist doch der Typ, der immer morgens so früh aufsteht. Stimmt ja auch, außer dem Wort "immer".

10. Accessoires

Triathlon-Anfänger tragen brüllauffällige Werbeartikel spazieren: Rucksäcke, Finisher-T-Shirts, klobige Uhren. Der Hipster tupft mit zarten Signalen dagegen, etwa mit dem Zeitnahmechip diskret an der Panzerhalskette, einem Guarana-Power-Shot als Zwischenmahlzeit oder dem Einteiler in mutigem Transparentweiß fürs Kreativ-Meeting. Zeigen ist Triathleten-Pflicht, aber immer mit Stil.

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