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Anti-Stress-Apps: Mit dem Handy gegen den Stress

Anti-Stress-Apps Das Smartphone als Entspannungstrainer

Anti-Stress-Apps für das Smartphone sollen helfen, im Alltag zur Ruhe zu kommen. Sie lassen Vogelgezwitscher erklingen oder zeigen plätschernde Gebirgsbäche. Eine kann laut Hersteller sogar den Stresspegel am Zeigefinger ablesen. Drei Anwendungen im Test.

Smartphones und Handys sind überall. Wenn nicht gerade das eigene Gerät klingelt, tut es ein anderes. Das nervt. Aber es geht auch anders: Software-Hersteller haben Anti-Stress-Apps für Smartphones entwickelt, die auf ganz unterschiedliche Weise beim Entspannen im Alltag helfen sollen.

Die Versprechen sind groß. Manche sollen laut Beschreibung am Zeigefinger den Stresslevel ablesen können und analysieren, was dem Nutzer im Alltag zu schaffen macht. Entspannungsmusik, Naturvideos, Meditation oder Yoga und autogenes Training sollen entspannen und beruhigen.

Doch können Anti-Stress-Apps tatsächlich den Alltag erleichtern, oder werden sie am Ende selbst zum Stressfaktor? SPIEGEL ONLINE hat drei Programme getestet.

Smartphone statt EKG

Die App "Stress Check by Azumio" misst den Stresslevel ihres Nutzers in Prozent. Ein Test dauert etwa zwei Minuten. Das zwingt zu kurzen Arbeitspausen. Je nach Ergebnis fordert sie ihren Bediener anschließend dazu auf, eine Pause einzulegen. Wer sich einen Account anlegt, kann außerdem einzelne Stress-Messungen mit kleinen Anmerkungen speichern und das Ergebnis analysieren.

Der Gebrauch hat allerdings mehrere Haken: Im Alltag - vor allen in einem stressigen - vergisst man leicht, die App anzuwenden. Auch ist fraglich, ob die Software den Stresslevel zuverlässig angibt. Das Programm ermittelt ihn, indem der Nutzer seinen Zeigefinger auf die Handykamera legt. Diese erfasst winzige Veränderungen der Hautfarbe, über die die App auf Schwankungen in den Abständen zwischen den Herzschlägen schließt. Diese sogenannte Herzratenvariabilität (HRV) gibt an, wie gestresst eine Person ist.

In der Medizin gilt die HRV als zuverlässiger Stressindikator. Je gestresster ein Mensch sei, desto gleichmäßiger schlage sein Herz, sagt Tjalf Ziemssen vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. "Trotzdem ist die App Schwachsinn", so Ziemssen. "Wie hoch der HRV-Wert im Stress- oder Ruhezustand ist, ist bei jedem Menschen anders." Die Stresswerte in Prozent anzugeben, mache daher keinen Sinn. Der App-Hersteller hingegen versichert, dass sich die Software über einen Algorithmus mit der Zeit an den Nutzer anpasst.

"Stress Check by Azumio" ist für Android kostenlos, für das iPhone kostet die App 1,79 Euro. Es gibt auch eine kostenlose Lite-Version. Wer mag, kann die Anwendung also einfach mal ausprobieren.

Entspannungsübungen, Naturvideos und bunte Bilder

Die App "Anti Stress Lite" bietet laut Hersteller die Möglichkeit, Stress vorzubeugen oder abzubauen. Dreieinhalb bis fünfeinhalb Minuten lange Naturvideos sollen den Nutzer für kurze Zeit aus seinem Alltag reißen und in eine andere Welt entführen. Die Qualität der bewegten Bilder ist gut, sie sind mit Meeresrauschen oder Vogelgezwitscher unterlegt.

Außerdem finden sich in dem Programm vier Methoden-Videos zu autogenem Training, ein paar einfachen Yoga- und Atemübungen und ein sechsminütiges Erklär-Video zur Fußmassage für die Entspannung zu zweit. Es hilft, sich die Videos einmal anzuschauen, bevor man versucht, die Übungen nachzumachen. Je öfter man die Entspannungsübungen wiederholt, desto leichter fällt es, abzuschalten. Statt der Übungen kann man sich außerdem Mandalas anschauen.

Wie bei allen Entspannungsmethoden funktionieren die Videos nur, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Nach einer Weile werden die Übungen, Bilder und Geräusche allerdings langweilig.

Die Vollversion "Anti Stress" kostet 4,49 Euro für iPhone oder iPad und 3,99 Euro für Android. In der kostenlosen Lite-Version ist die App nicht zu gebrauchen. Alle paar Sekunden werden die Animationen durch Werbung unterbrochen.

Weise Worte und Erinnerungsfunktion

Die App "Buddhist Meditation Trainer" zeigt zu Entspannungszwecken Figuren oder Landschaften verbunden mit Sprüchen und Glockenklängen. Es gibt zehn Levels. Nach fünf Meditationsübungen - empfohlen wird mindestens eine pro Tag - steigt man ein Level auf. Die Meditationszeit verlängert sich mit jeder Stufe.

Eine Anleitung zur Meditation sucht man in dem Programm allerdings vergeblich. Die Tonqualität ist schlecht - selbst mit guten Kopfhörern: Der Modus "Zen Bell" erinnert an das Piepen schlecht abgestimmter Elektrogeräte, der "Chinese Gong" klingt brutal.

Ob man während der Entspannung Glocken oder Gongs hören möchte, gar keine Geräusche oder nur ein Abschlusssignal, lässt sich aber einstellen. Über eine Erinnerungsfunktion kann man sich im Alltag darauf hinweisen lassen, eine Pause einzulegen. Das Smartphone lässt sich mit der App direkt in den Flugmodus schalten, nach der Auszeit schaltet dieser sich automatisch wieder ab.

Für Android ist die App kostenlos, auf dem Applemarkt finden sich vergleichbare, meist kostenpflichte Apps. Oft haben sie eine größere Klangauswahl.