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Ego-Shooter: Darum geht es in "Wolfenstein - The New Order"

Foto: Bethesda

"Wolfenstein - The New Order" durchgespielt Nazis, Atombomben, Atlantis

Der Ego-Shooter "Wolfenstein - The New Order" spielt in einem Paralleluniversum, in dem die Nazis die Welt erobert und sich Roboterhunde gebaut haben. Eigentlich ein reizvolles Szenario.

Als der letzte Kampf vorbei ist, als ich mit einer Riesenkanone etwas im Himmel abgeschossen habe und einem wahnsinnigen Obernazi ausgewichen bin, atme ich erst einmal auf. Nicht weil der Kampf sonderlich schwer war, sondern weil das Spiel vorbei ist und ich "Wolfenstein: The New Order" überstanden habe. Ich habe mich immer wieder amüsiert - und immer wieder ziemlich gelangweilt.

"Wolfenstein: The New Order" ist das inzwischen neunte Spiel einer Reihe, die mit einem 2D-Abenteuerspiel begonnen hat, vor allem aber durch ihren dritten Teil berühmt wurde: "Wolfenstein 3D" von id Software gilt als der erste Ego-Shooter.

In Deutschland hatte es "Wolfenstein" immer schwer. Die Verwendung von Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen ist in Spielen rechtlich problematisch, da diese nicht zweifelsfrei unter den Kunstbegriff fallen. Der würde - wie bei Filmen - die Verwendung erlauben. Diverse Teile sind indiziert oder gar beschlagnahmt worden, andere wurden für den deutschen Markt umgearbeitet. So auch "The New Order", in dem jegliche Hakenkreuze umgewandelt wurden und stets nur vom "Regime" und dem "Staatsoberhaupt" die Rede ist. Auch wenn natürlich jeder weiß, wer gemeint ist.

Fangen wir an: Nazis, Atombomben, Atlantis, Mond, Berlin, London, Kampfroboter. Das sind - nicht unbedingt chronologisch - die Inhalte von "Wolfenstein: The New Order". Das alles ist nicht neu, aber gut arrangiert. Das Spiel ist in einem Paralleluniversum angesiedelt, in dem das Dritte Reich die ganze Welt unterworfen hat. New York wurde von einer Atombombe zerstört, Berlin komplett umgebaut. In London ist der große Weltraumbahnhof gebaut worden.

"House of the Rising Sun" als eingedeutschte Polka

In jedem dieser Level steckt viel Detailfreude, man spürt große Lust am Spiel mit dem Szenario. Selbst die Musikgeschichte wurde angepasst. Die "Käfer" singen das deutsche Beat-Stück "Mond, Mond, Ja, Ja", Nancy Sinatra und Lee Hazlewood mutieren zum Schlagerduo, und "House of the Rising Sun" wird zur eingedeutschten Polka. Es gibt vieles, was gefällt, was schmunzeln lässt, was nachdenklich macht.

Dass ich das Spiel trotzdem nicht wirklich mag, liegt vor allem an der Handlung. Die Macher konnten sich nicht entscheiden, ob die Geschichte auf der düsteren Science-Fiction-Seite bleiben und eine Dystopie mit moralischem Anspruch sein will oder ob sie Tarantinos "Inglourious Basterds" folgen soll. Es gibt einige wirklich komische Gags, dann aber wird wieder zu ernst vom Widerstand, von Unterdrückung und Unmenschlichkeit erzählt.

Zum Protagonisten spürt man nur in seltenen Fällen eine Verbindung. Große Momente wie ein Drogenrausch und das Gitarrensolo eines Aushilfs-Jimi-Hendrix verpuffen. Das ist schade, weil es nur ein wenig mehr Mut und einen guten Autor gebraucht hätte, um all diese Ansätze zusammenzuführen und eine bewegende Liebesgeschichte in einer unmenschlichen Welt zu erzählen.

Das Waffenrad macht alles komplizierter

Ähnlich verhält es sich beim Kern des Spieles, dem Gameplay. Das ist bei "The New Order" erfrischend konservativ. Ziel- und andere Hilfen gibt es nicht, was heutzutage selten ist. Das Spiel lässt einen immer wieder ratlos suchen, bis man schließlich doch die Lösung oder einen Ausweg findet. So sieht man sich zumindest gezwungen, etwas mehr nachzudenken und nicht einfach gedankenlos herumzulaufen.

Unverständlich bleibt dagegen, warum die Waffenauswahl mehr als nur umständlich ist. Wer auch immer sich das Waffenrad und die zugehörige Tastenbelegung ausgedacht hat, hat das Spiel danach vermutlich nicht mehr ausprobiert. Immer wieder rutscht man ab, wählt eine falsche Waffe aus und ist tot.

Letztlich bleibt "Wolfenstein: The New Order" ein Spiel, das viel verspricht und eher wenig halten kann. Ein Spiel, das ich aufgrund seiner Geschichte gut finden möchte und das mir doch nicht richtig gefällt. Ein Spiel, das immer wieder Spaß macht, an manchen Stellen aber auch mit großer Langeweile quält. Ein Spiel, das sehr viel besser hätte sein können.

Das sagen die anderen: Die Fachpresse schwankt zwischen Lob und mäßiger Begeisterung. Während manche Kritiker von der Story berührt sind und das flüssige Gameplay loben, fehlt anderen in "The New Order" eine Geschichte, die das Spiel zusammenhält. Neben der hakeligen Steuerung wird auch das Fehlen eines Multiplayer-Teils kritisiert.

"Wolfenstein: The New Order" von Bethesda, für Xbox One, Xbox 360, Playstation 3, Playstation 4 und PC, ab 50 Euro; USK: Ab 18 Jahren

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