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Facebook vs. Datenschützer Showdown in Schleswig-Holstein

Schleswig-Holsteins Datenschützer Thilo Weichert droht Facebook-Nutzern, die ganze Welt schaut auf das kleine Bundesland. Am Mittwoch bat die Landespolitik Weichert und Facebook zum klärenden Gespräch. Nun wollen sie endlich öfter miteinander reden.
Facebook-Lobbyist Allan, Datenschützer Weichert: Sie müssen reden

Facebook-Lobbyist Allan, Datenschützer Weichert: Sie müssen reden

Foto: Markus Scholz/ dpa

Thilo Weichert hat nichts gegen Facebook, jedenfalls sagt er das. "Ich will nur, dass das Angebot konform mit den Gesetzen ist." Der unabhängige Datenschützer von Schleswig-Holstein hat eine Analyse vorgelegt. Auf 25 Seiten wird da erklärt, wie Facebook etwas von Surfern erfährt, wie auf den Rechnern der Besucher Cookies hinterlegt werden. Es wird gemutmaßt, was Facebook mit Cookies und IP-Adressen anstellen könnte, und es wird festgestellt: illegal.

Der Datenschützer droht Facebook-Nutznießern in Schleswig-Holstein deswegen mit einem Bußgeld. Bis zu 50.000 Euro soll das Einbinden des "Like"-Buttons auf Websites und das Betreiben einer "Fan-Page" auf Facebook kosten. Die einen beschimpfen ihn dafür als Datenschutz-Taliban, die anderen feiern ihn als einen der wenigen Aufrechten, die es überhaupt noch wagen, sich dem Datenkraken Facebook entgegenzustellen.

Damit Weichert und Facebook endlich ins Gespräch kommen, hat der Rechts- und Innenausschuss des Kieler Landtags kurzfristig eine halbe Stunde freigeräumt und beide Parteien zu einer öffentlichen Sitzung eingeladen. Denn bis zu diesem Mittwoch schlug die Kommunikation fehl. Ein Brief habe nicht zugestellt werden können, sagt Weichert, eine E-Mail sei erst nach Monaten und dann nur nichtssagend beantwortet worden - Weichert legte vor, Facebook reagierte mit Unverständnis.

"Keine Bilder für Google Street View"

Nun haben sie sich endlich getroffen. Für Facebook ist Richard Allan angereist, ein ehemaliger EU-Abgeordneter, seit Mitte 2009 Cheflobbyist des sozialen Netzwerks für Europa, den Nahen Osten und Afrika. Anderthalb Stunden haben sie vor der Ausschussitzung miteinander geredet, dann geht es in die Arena. Vier Kamerateams und Pressefotografen warten schon.

Es ist ein Showdown in Schleswig-Holstein, dem kleinen Bundesland, dass schon Google bei der Einführung des Streetview-Angebots in Deutschland gebremst hat - so ähnlich erzählt man es sich zumindest im Kieler Landtag. Weichert hatte damals einen Warnhinweis zum Herunterladen auf seine Website gestellt: "Keine Bilder für Google Street View."

Wie auch jetzt baten damals der CDU-Abgeordnete Michael von Abercron und seine FDP-Kollegin Ingrid Brand-Hückstädt zum klärenden Gespräch. Bis heute sind keine Straßenfotos aus dem Bundesland zwischen den Meeren online, Google hat es auf einen Rechtsstreit bisher nicht ankommen lassen - überhaupt ist Google die Lust an dem Projekt in Deutschland erstmal vergangenen.

Allan hält nichts von 2-Klick-Lösung

Richard Allan sagt dem Ausschuss, warum die Kritik des Datenschützers seiner Meinung nach zu weit geht: Man handele in Irland, der offiziellen Facebook-Vertretung in Europa, nach europäischem Datenschutzrecht. Das könne Herr Weichert nur nicht so genau wissen, dazu brauche er Informationen von Facebook, über die Datenverarbeitung hinter den Kulissen - und die soll er nun bekommen.

Auf Nachfrage eines Abgeordneten räumt Allan allerdings ein: Das EU-Recht sei zwar nicht dasselbe wie das deutsche Recht, aber laut Allan stimmen 99 Prozent überein. Den Rest klärt Brüssel, die EU überarbeitet gerade die für alle Mitgliedstaaten verbindliche Datenschutz-Richtlinie. Doch wie es um die EU-Richtlinie genau bestellt ist, weiß offenbar gerade keines der Ausschussmitglieder.

Ob man nicht die 2-Klick-Lösung einsetzen könne, die der Heise-Verlag gerade präsentiert hat, wollen zwei Abgeordnete von Allan wissen. Dabei wird der "Like"-Button erst nach einem Klick des Nutzers von der Facebook-Seite nachgeladen. Weichert hatte angemahnt, dass Besucher von Websites vorher zustimmen müssen, dass ihre Daten an Facebook übertragen werden. Das ist schon bei der Anzeige des Buttons der Fall, nicht erst, wenn man darauf klickt.

Allan will diese Anregung "mitnehmen", aber nicht kommentieren. Grundsätzlich hält er es aber für ein Problem, dass auf Websites Inhalte von anderen, weltweiten Anbietern - etwa Videos, Fotos oder Social-Media-Buttons - nicht direkt eingebunden werden sollen. Die allgemeine Entwicklung des Internets sei eine andere, sagt Allan zu dem zusätzlichen Zustimmungsklick.

Keine IP-Adressen aus Deutschland

Innerhalb der nächsten Woche sollen Weichert und seine Mitarbeiter detailliert Auskunft darüber bekommen, welche Daten bei Facebook wie verarbeitet werden. So erklärt Allan, dass Facebook bei Nutzern des "Like"-Buttons aus Deutschland seit einigen Monaten auf die Speicherung der IP-Adresse verzichtet. Und wer nicht bei Facebook Mitglied sei, werde auch nicht ausgewertet: "Wir erstellen keine pseudonymen Profile anhand von IP-Adressen und Cookies."

Also alles gar nicht so schlimm? Weichert dämpft die Euphorie. Er hält weiter an dem Plan fest, schleswig-holsteinischen Facebook-Partnern ab Oktober ein Bußgeld aufzubrummen. Im Visier hat er dabei zunächst Seiten von öffentlichen Stellen mit vielen Besuchern. Noch seien nicht alle Fragen von Facebook beantwortet, er will es schriftlich haben, prüfen können.

Eine Stunde sind sie jetzt schon über der Zeit - und trotz aller Verständigung: der Streit geht weiter. In der nächsten Woche diskutiert der Landtag über das Thema, Abercron und Brand-Hückstädt wollen sich von Thilo Weichert auf dem Laufenden halten lassen. Die 2-Klick-Lösung sei doch ein erster Vorschlag, findet CDU-Mann Abercron.