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Verbraucherschutz EU beschließt neue Regeln zur Lebensmittel-Kennzeichnung

Die Europäer werden immer dicker - um diesen Trend zu stoppen, hat die EU nun neue Vorschriften für die Kennzeichnung von Lebensmitteln beschlossen. Bundesministerin Ilse Aigner bejubelt die Regeln, Verbraucherschützer sprechen hingegen von einem Sieg der Industrie.

Brüssel - Kalorienbomben, Klebefleisch und Analogkäse - künftig sollen diese Lebensmittel leichter als das erkennbar sein, was sie sind. Die zuständigen EU-Minister verabschiedeten am Donnerstag einstimmig entsprechende Neuerungen bei der Lebensmittelkennzeichnung. Die Regeln sollen im Kampf gegen das grassierende Übergewicht in Europa helfen, das Europaparlament hat bereits zugestimmt. Eine Lebensmittel-Ampel wie von vielen Verbraucherschützern gefordert wird es europaweit aber nicht geben.

Die Regelungen treten zumeist ab Herbst 2014 in Kraft und umfassen zahlreiche Lebensmittel: Imitate wie Kunstkäse (Analogkäse) dürfen künftig nicht mehr als Käse bezeichnet werden. Die klare Bezeichnung "Imitat" konnte die Bundesregierung auf EU-Ebene aber nicht durchsetzen. Bei Klebefleisch, das mit Enzymen "verleimt" wird, muss sich künftig der Hinweis finden: "Aus Fleischstücken zusammengefügt".

Für Allergiker muss die Branche allergieauslösende Stoffe besonders hervorheben, Produkte mit Koffein müssen einen Warnhinweis für Schwangere und Kinder tragen. Genau angegeben werden muss die Herkunft von Frischfleisch - bisher gilt das nur für Rindfleisch. Bei gefrorenem Fleisch, Fleischwaren und Fisch muss erkennbar sein, wann die Ware eingefroren wurde.

Foodwatch beklagt einen Sieg der Lebensmittelindustrie

Auf jeder Verpackungsrückseite wird ab dem Jahr 2016 ein Nährwertkasten verpflichtend, in dem angegeben ist, wie viel Zucker, Fett, Salz, Eiweiß und wie viele Kalorien und Kohlenhydrate das Produkt pro 100 Gramm oder 100 Milliliter enthält. Und das in einer gut lesbaren, mindestens 1,2 Millimeter großen Schrift. Allergene müssen in Zukunft in der Zutatenliste hervorgehoben, beispielsweise farblich unterlegt werden.

Die Reaktion auf die neuen Vorschriften fällt gespalten aus: Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) begrüßte die Regeln als "wichtigen Beitrag zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung". Beim Einkauf im Supermarkt könnten Kunden leichter die richtige Auswahl treffen und sich gesund ernähren. Von Verbraucherschützern kam dagegen Kritik: "Unter dem Strich kann man sagen, dass sich die Lebensmittelindustrie mit ihrer Lobbyarbeit durchgesetzt hat", sagte Martin Rücker von Foodwatch.

Den meisten Verbraucherschützern gehen die Neuerungen längst nicht weit genug. Sie hatten für die Einführung deutlich plastischerer Darstellungsformen geworben, beispielsweise für die dreifarbige Lebensmittelampel. Durch sie wären Fett- und Zuckerbomben auch für Kinder auf den ersten Blick erkennbar. Dagegen hatte sich die Industrie jedoch erfolgreich gewehrt - nach Angaben von Verbraucherschützern hatte sie mehr als eine Milliarde Euro dafür ausgegeben.

fdi/dpa/AFP/dapd
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