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Versuch einer Kündigung Xing - hartnäckig wie Herpes

Tom König bestellt alle Xing-Newsletter ab, kündigt seine Mitgliedschaft, löscht den Account. Seine Ruhe hat er deshalb noch lange nicht, denn das Business-Netzwerk lässt ihn einfach nicht in Frieden.
Website von Xing

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Foto: BOB STRONG/ REUTERS

Manche Dinge wird man schwer los. Etwa diesen trockenen Husten, der mich seit Wochen plagt. Oder den Fußpilz, den ich mir im Hallenbad eingefangen habe. Na ja, glücklicherweise geht alles irgendwann wieder weg.

Alles. Außer Xing.

Einst war ich Mitglied bei Xing, dem Onlinenetzwerk für Businesskontakte. Warum? Weiß nicht mehr. Vermutlich war es wie mit Dreiviertelhosen oder Freundschaftsbändchen. Irgendwann meinte man, das haben zu müssen.

Doch bald merkte ich, dass Xing nutzlos war. Schlimmer noch: Es nervte. Obwohl ich meinen Premium-Account abbestellt und die Seite seit Monaten nicht besucht hatte, machte Xing weiterhin auf sich aufmerksam - wie eine Ex, die es immer noch nicht geschnallt hat. Andauernd trudelten E-Mails ein, meist aus den folgenden Kategorien:

  • Herr X möchte sie zu dem Onlineevent "Erfolglose Entrepreneure diskutieren darüber, welche To-do-Liste die Beste ist" einladen.
  • Frau Y von der PR-Agentur "Uninteressanz Unlimited", möchte immer noch Ihre Freundin werden.
  • Dr. Z möchte Sie in die Geheimnisse des Multilevel-Affiliate-Marketings einweihen und Sie märchenhaft reich machen.

Um von den Herrschaften X bis Z fürderhin verschont zu bleiben, ging ich in die Einstellungen und schaltete die Benachrichtigungen aus. Die Maßnahme war in etwa so erfolgreich wie Rudolf Scharpings Kanzlerkandidatur. Der Müll schwappte weiterhin in meine Inbox. Also loggte ich mich zum letzten Mal ein und löschte mein Xing-Profil. Nun würden mich diese Businessspammer wohl endlich in Ruhe lassen.

Xing ist wie Herpes

Vorhin habe ich Xing mit Fußpilz verglichen. Diese Äußerung war unbedacht und geschah im Zorn, weshalb ich sie neu formulieren möchte. Xing ist nicht wie Fußpilz. Xing ist wie Herpes. Denn egal was man tut, irgendwann sucht einen der Mist wieder heim.

Etliche Monate nach meinem finalen Logout fand ich eines Tages eine Nachricht mit dem Betreff "Change Management: Veränderung lässt Mitarbeiter abwandern" in meiner Mailbox. Absender: "Xing News Wirtschaft & Management". Ich glaubte an einen Irrläufer und drückte Delete.

Fortan erhielt ich den Newsletter jedoch jeden Tag. "Management-Regeln: Mehr Team, weniger Chef" und so weiter. Ich schob das Zeug in den Spamordner, mehrfach, doch der digitale Herpes war stärker. Immer wieder mogelte Xing sich in meine Inbox.

Irgendwann scrollte ich zum Ende einer Mail und klickte dort auf "Benachrichtigungen abbestellen", in der vagen Hoffnung, die Borreliose unter den Businessnetzwerken würde mich dann verschonen. Statt auf einer Abmeldebestätigung landete ich auf einer Seite, auf der man weitere Xing-Newsletter abonnieren konnte. Wozu man sich allerdings zunächst in seinen Account einloggen muss.

Aber ich habe ja gar keinen Xing-Account.

Ich fragte per Twitter bei Xing nach, wie ich den Newsletter loswerde.

"Hey, hier kannst Du alle Benachrichtigungen verwalten/abstellen", antwortete Xing und hängte einen Link zu den Xing-Einstellungen an.

"Aber ich habe ja gar keinen Account bei Euch", schrieb ich.

So ging das eine Zeit lang hin und her, ohne Ergebnis. Irgendwann gelang es mir, den Newsletter mithilfe eines neuen Spamfilters loszuwerden. Er kommt weiterhin täglich, aber meine Inbox bleibt von Betreffzeilen wie "Arbeiten Sie schon 4.0? Sieben Tipps für erfolgreiche (sic!) Digital Leadership" verschont.

Ich vergaß die Sache. Bis sich die Beulenpest unter den Businessnetzwerken unverhofft zurückmeldete: "Peter N. wartet noch immer auf Ihre Antwort."

Ungläubig scrollte ich durch die Mail. "Peter N. können Sie jetzt mit einem Klick bestätigen", stand da. Und weiter unten: "Erweitern Sie Ihr Kontaktnetzwerk".

ABER ICH HABE JA GAR KEINEN XING-ACCOUNT.

Was muss ich tun, um die Blattern unter den Businessnetzwerken loszuwerden? Muss ich mich in meinen nicht existenten Account einloggen? Muss ich mich registrieren, um mich zu deregistrieren?

Vermutlich gibt es nur eine Möglichkeit, den Mails von Xing zu entrinnen. Man muss seinen Computer anzünden, seinen Wohnsitz abmelden und Mönch in einem Himalaja-Kloster werden. Aber wer weiß? Vermutlich würde selbst dort nach einigen Jahren ein lächelnder tibetischer Postbote auftauchen mit einem Telegramm aus der Heimat. Und darin stünde dann, in dicken schwarzen Lettern: "Peter N. wartet noch immer auf Ihre Antwort."

Hatten Sie auch ein besonderes Serviceerlebnis? Oder haben Sie einen Vorschlag für ein Produkt, das Tom König unter die Lupe nehmen sollte? Dann schreiben Sie an warteschleife@spiegel.de .