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Behandlung von Krampfadern Therapie-Oldie schlägt Lasertechnik

Jeder zweite Erwachsene leidet an Venenschwäche. Wie lassen sich Krampfadern am besten beseitigen - mit einer Operation oder per Laser? Deutsche Ärzte haben zwei Verfahren verglichen und stellen fest: Beide helfen. Doch die moderne Methode birgt deutliche Nachteile.
Chronisches Venenleiden: Krampfadern können krank machen

Chronisches Venenleiden: Krampfadern können krank machen

Foto: Corbis

Hamburg - Krampfader-Eingriffe gehören zu den häufigsten Operationen in Deutschland: 300.000 führen Ärzte pro Jahr durch. Denn 36 Millionen Erwachsene leiden hierzulande unter Venenschwäche. Ihre Knöchel sind oft geschwollen, die Waden schwer wie Blei, feine lilafarbene Äderchen oder dicke blaue Adern schlängeln sich an den Beinen entlang. Risikofaktoren, die das Entstehen von Krampfadern begünstigen, sind vor allem häufiges langes Stehen oder Sitzen sowie zu viel Wärme und Übergewicht.

Krampfadern sehen nicht nur unschön aus, sie können auch krankmachen: Staut sich Blut in den Venen, entsteht großer Druck in den Beinen. Die Flüssigkeit drückt ins Gewebe und lässt die Füße anschwellen. Auf Dauer können so Geschwüre oder Blutgerinnsel entstehen. Wenn der Blutpfropf durch den Körper zur Lunge schwirrt, kann er im schlimmsten Fall zu einer Lungenembolie führen.

Um dieses Übel zu verhindern, schalten Ärzte die Vene aus, die am häufigsten ausleiert: die Vena saphena magna. Sie verläuft an der Innenseite des Fußes über Unter- und Oberschenkel bis zur Leiste. Dort mündet sie in das tiefe Venensystem.

Da keine einheitliche Therapieempfehlung existiert, streiten sich Experten, welche Methode Krampfadern am wirksamsten beseitigt. Das operative Entfernen der Vene - Stripping genannt - gilt als Standardverfahren. Doch bei einigen Ärzten ist eine neuere Methode beliebt, weil sie weniger zeitaufwendig ist und mit lokaler Betäubung auskommt: die sogenannte Endovenöse Lasertherapie (EVLT).

Um herauszufinden, welche Methode Betroffenen besser hilft, haben deutsche Forscher beide Therapien überprüft, wie sie im aktuellen Fachjournal "Archives of Dermatology"  berichten. Die gute Nachricht: Beide zeigten Erfolge. Die schlechte: Die moderne Laser-Therapie führte zu einer höheren Rückfallquote.

Seit hundert Jahren werden Venen herausgezogen

Beim Lasern schieben Ärzte einen Katheter durch ein Loch in der Kniekehle in die Krampfader, so dass kein Blut mehr durchfließt. Anschließend werden die Wände des Gefäßes durch Laserlicht erhitzt. Das verschweißt die Vene; sie stirbt ab. Dabei bleiben aber oft kleine Seitenäste offen, die später wieder Blut transportieren und so zu Krampfadern werden können. Dieses Verfahren wird von den Krankenkassen nicht übernommen und kostet etwa 1300 Euro.

Bewährter ist das Stripping - ein chirurgischer Eingriff, der bereits seit 1906 zum Behandeln von Krampfadern verwendet und von den Krankenkassen bezahlt wird. Hierbei wird an der Innenseite des Beines ein kleiner Schnitt gemacht, um die erweiterte Vene danach mit einer Sonde aus dem Bein herauszuziehen. Da zuvor nicht nur die Vene, sondern auch ihre kleinen Seitenäste des Venensterns lahmgelegt werden, ist laut Experten schon allein deshalb die Gefahr eines Rückfalls geringer.

In der Studie untersuchten die Wissenschaftler um Knuth Rass, Oberarzt am Institut für Dermatologie der Uni-Klinik des Saarlandes, nahezu 350 Patienten, bei denen zuvor erweiterte Venen festgestellt wurden waren. Für alle kam ein Entfernen der Krampfadern in Frage. Sie teilten die Probanden per Los in zwei Gruppen ein, um sie direkt vergleichen zu können: Eine Gruppe unterzog sich dem Stripping, die andere wurde mit der Endovenösen Lasertherapie behandelt. Nach zwei Jahren überprüften die Forscher den Zustand der Patienten.

Das Ergebnis: Bei 155 von 185 Laser-Patienten kamen im ganzen Bein keine Krampfadern zurück, bei den Stripping-Patienten war dies bei 124 von 161 der Fall. Allerdings war die Lebensqualität der Stripping-Gruppe mitunter besser als die der Laser-Gruppe, denn ihre Wunden entzündeten sich seltener, und die Patienten hatten kaum Schmerzen. Dafür erholte sich die Laser-Gruppe schneller und hatte öfter ein ansehnlicheres Ergebnis.

Doch das Entscheidende zeigte sich erst später: Nach den tast- und sichtbaren Ergebnissen schauten die Ärzte mit einem speziellen Ultraschallverfahren tiefer ins Gewebe. Dabei zeigte sich, dass es deutlich mehr Rückfälle in der Laser-Gruppe gab, die erst in einigen Jahren an die Oberfläche gelangen können: Bei knapp 18 Prozent aller EVLT-Patienten kamen Äste der Krampfadern wieder. Beim Stripping passierte das nur in lediglich 1,3 Prozent der Fälle.

Höhere Rückfallgefahr bei der Laser-Therapie

Norbert Frings, Phlebologe und Chefarzt an der Capio-Mosel-Eifel-Klinik, ist Co-Autor der Studie. Nach seinen Worten handelt es sich dabei um den ersten direkten Vergleich der zwei Therapien, der aufgrund der hohen Fallzahl statistisch relevant sei.

"Obwohl beide Ansätze vielen Patienten halfen, deutet die Studie stark darauf hin, dass die Stripping-Therapie langfristig wahrscheinlich der Laser-Methode überlegen ist", sagt Frings. Denn die Studie zeige nur, dass EVLT und Stripping gleich gut Krampfadern entfernen, so dass nach zwei Jahren keine neuen nachgewachsen sind. Der langfristige Effekt, nach fünf oder zehn Jahren, ist jedoch noch nicht erforscht. "Ich gehe davon aus, dass die EVTL-Behandlung eine deutlich höhere Rückfallquote haben wird", sagt Frings. Da es bisher kaum Studien gebe, müsse die klinische Wirksamkeit und die deutlich höhere Rückfallrate nach der EVTL-Behandlung noch weiter untersucht werden.

Das Ergebnis könnte aber dazu beitragen, dass sich künftig mehr Menschen untersuchen und behandeln lassen. "Viele kommen erst in sehr späten Stadien zum Arzt. Wenn sie früher kämen, ließen sich unangenehme Folgen von Krampfadern, wie zum Beispiel das offene Bein, vermeiden", sagt Frings.

Andere Forscher vermuten allerdings, dass ein Teil der Krampfader-Operationen unnötig ist und einfach vermieden werden könnte. Auch Kompressionsstrümpfe könnten helfen - "vorausgesetzt, die Patienten tragen sie auch", sagte Gerd Glaeske bei der Vorstellung des Heil- und Hilfsmittelreports 2011 der Barmer GEK. Durch die engen Strümpfe wird der Durchmesser der Venen verringert und so dafür gesorgt, dass die Venenklappen wieder besser schließen - das soll chronische Venenleiden verlangsamen oder sogar verhindern.

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