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Nierentransplantation Neue Therapie erspart Patienten Dauermedikamente

Wer mit einer transplantierten Niere lebt, muss Medikamente schlucken - damit der Körper das fremde Organ nicht abstößt. Eine neue Methode soll das nun ändern. Bei ersten Patienten gab es ermutigende Ergebnisse.
Nierentransplantation (Archivbild): Neuer Therapieansatz bei Lebendspenden vorgestellt

Nierentransplantation (Archivbild): Neuer Therapieansatz bei Lebendspenden vorgestellt

Foto: Jan-Peter Kasper/ picture-alliance/ dpa

Hamburg - Damit eine Organtransplantation erfolgreich ist, müssen sich bestimmte Zellmerkmale bei Spender und Empfänger stark ähneln. Das verringert das Risiko, dass das Immunsystem des Transplantierten das fremde Organ abstößt. Trotz möglichst optimaler Auswahl müssen viele Patienten nach der Operation ein Leben lang Medikamente schlucken, die ihr Immunsystem in Schach halten.

Die Nebenwirkungen dieser Mittel sind vielfältig - die Patienten sind unter anderem anfälliger für Infektionen, erkranken eher an Diabetes und leiden häufiger unter Bluthochdruck.

US-Ärzte haben jetzt eine Methode getestet, um die Dauereinnahme von Immunsuppressiva überflüssig zu machen. Im Fachmagazin "Science Translational Medicine"  berichten sie von der klinischen Studie, an der acht Patienten teilgenommen haben. Fünf davon konnten ein Jahr nach der Transplantation die Immunsuppressiva absetzen, schreibt das Team um Joseph Leventhal vom Northwestern Memorial Hospital in Chicago.

Bei den anderen drei Patienten brachte die Therapie nicht den gewünschten Erfolg. Einer erkrankte an einer Sepsis und verlor das transplantierte Organ. Er hat inzwischen eine weitere Niere erhalten, ohne die neuartige Zusatztherapie.

Patentierte Technik

Einige Details der Behandlung halten die Forscher unter Verschluss - mehrere an der Studie beteiligte Wissenschaftler haben ein Patent auf die Methode angemeldet; einige arbeiten beim Biotech-Unternehmen Regenerex.

Die acht Patienten erhielten eine Niere von einem lebenden Spender. Aber nicht nur das: Sie bekamen auch einen Teil seines Immunsystems verpflanzt - das sollte bewirken, dass der Körper das Organ später nicht abstößt.

Vor der Transplantation mussten sich die Patienten deshalb einer Chemotherapie und Bestrahlung unterziehen. Beides zerstörte Immunzellen im Knochenmark. Am Tag nach der Transplantation erhielten die Frischoperierten dann speziell angereicherte Knochenmarkszellen des Spenders gespritzt.

Wenn sich die Zellen erfolgreich im Körper ansiedelten, entwickelten die Patienten ein sogenanntes chimäres Immunsystem, was offenbar der Abstoßung des fremden Organs entgegen wirkt.

Größere Studien nötig

"Auch wenn die Patientenzahl klein war und die Zeit der Nachbeobachtung kurz: Die Ergebnisse sind bemerkenswert", schreiben James Markmann und Tatsuo Kawai vom Massachusetts General Hospital in Boston in einem Begleitartikel  in "Science Translational Medicine".

Sie weisen jedoch auch auf mögliche Gefahren der Methode hin, die bei den bisher behandelten Patienten nicht aufgetreten sind. Gefürchtet ist bei der Übertragung von Knochenmark die sogenannte Graft-versus-Host-Reaktion, bei der die Immunzellen des Spenders das Gewebe des Empfängers angreifen - dies kann tödlich sein.

Es wäre möglich, dass die Forscher die gefährliche Komplikation durch den speziellen Cocktail von Knochenmarkszellen unterbinden konnten, den sie verabreicht haben. Ähnliches war vorher in Tierversuchen geglückt. Da es in der Studie keine Kontrollgruppe gab, die anders behandelt wurde, lässt sich dies jedoch nicht mit Sicherheit sagen, beklagen Markmann und Kawai.

Auf jeden Fall wird sich die Methode in größeren Studien beweisen müssen. Auch eine längere Nachbeobachtung der behandelten Patienten ist wichtig, um zu sehen, ob die Therapie auch langfristig hilfreich ist.

Chemotherapie und Bestrahlung sind sonst bei einer Nierentransplantation nicht nötig. Nur wenn Risiko dieser zusätzlichen Behandlungen den möglichen Nutzen nicht übersteigt, ist die Therapie auch sinnvoll.

Falls sich die Methode bewährt, sind auch weitere Einsatzmöglichkeiten denkbar. Die Forscher selbst meinen, ihre Methode könnte bei Autoimmunkrankheiten oder angeborenen Stoffwechseldefekten helfen. Ebenso könnten Blutkrebs-Patienten, die keinen passenden Knochenmarksspender finden, eventuell damit behandelt werden.

wbr