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Psychologie Netzwerken macht ein dreckiges Gefühl

Wer Karriere machen will, muss netzwerken, heißt es. Zu diesem Zweck geplante Treffen sind oft aber so grässlich, dass sich die Teilnehmer hinterher sogar körperlich schmutzig fühlen - es sei denn, sie halten sich für mächtig.
Von Timo Stukenberg
Glücklich ist anders: Netzwerk-Events nützen der Karriere, die Teilnehmer fühlen sich danach aber oft befleckt

Glücklich ist anders: Netzwerk-Events nützen der Karriere, die Teilnehmer fühlen sich danach aber oft befleckt

Foto: Corbis

Erzwungene Gespräche, Häppchen statt Abendessen und lauter fremde, potenziell karrierefördernde Leute: Einen lockeren Abend stellen sich die meisten Arbeitnehmer bestimmt anders vor - und sie fühlen sich nach einem solchen Networking dreckig. Das fanden Forscherinnen der Universitäten Toronto, Harvard und der Northwestern University in den USA und Kanada heraus. Ihre Studie wird demnächst im Fachjournal Administrative Science Quarterly  veröffentlicht.

In vier Studien untersuchten die Wissenschaftlerinnen, wie Menschen sich an derartige Veranstaltungen erinnern und welche Gefühle sie damit verbinden. Wer auf einer angekündigten und geplanten Netzwerkveranstaltung Leute kennenlernt, um seine persönlichen Jobchancen zu erhöhen, fühlt sich hinterher "dreckig, unauthentisch und unwohl", erklärt Maryam Kouchaki von der Northwestern University. Das Unwohlsein sei so stark, dass es sich auf den Körper übertrage.

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Wünschen oder Waschen?

Einer der Tests mit insgesamt 306 Personen ergab, dass die Probanden nach der Veranstaltung das Bedürfnis hatten, duschen zu gehen oder sich die Hände zu waschen. Die Studienautoren ließen sie Worte mit fehlenden Buchstaben vervollständigen. Sie konnten aus den Anfangs- und Endbuchstaben w und h entweder "wish" (wünschen) oder "wash" (waschen) machen. Nachdem die Studienteilnehmer sich an eine erzwungene Netzwerksituation erinnerten, wählten sie häufiger die zweite Option.

Warum fühlen wir uns unwohl, wenn wir umgeben sind von wandelnden Karrierechancen? "Das hängt von der eigenen Einstellung zu der Veranstaltung ab", sagt Kachouki. Wer sich zu stark auf seinen persönlichen Gewinn aus den zwischenmenschlichen Beziehungen konzentriere, fühle sich schnell unmoralisch, schuldig und befleckt. Dies löse sogar das Bedürfnis aus, sich zu waschen, sagt Kouchaki.

Schlecht fühlen sich nur die Schwachen

Wer sich schlecht fühlt beim Netzwerken, ignoriert die nächste Einladung zu einem solchen Treffen wahrscheinlich - und verschlechtert so seine Chancen auf einen Karriereaufstieg, schreiben die Autorinnen der Studie. Denn wer im Job vorankommen will, braucht häufig ein gut gepflegtes Netzwerk.

Das schlechte Gefühl teilen allerdings nicht alle Teilnehmer einer Netzwerkveranstaltung, fanden die Autorinnen heraus. Menschen mit mehr Macht waren gegenüber Netzwerkveranstaltungen positiver eingestellt. Das Machtgefühl kann sich aus einer höheren Position im Unternehmen speisen, wie die Autorinnen in einer Umfrage in einer Anwaltskanzlei ermittelten. Je höher der Rang im Unternehmen, desto weniger Probleme mit dem Netzwerken hatten die Juristen.

Die mächtigen Netzwerker gehen mit einer anderen Einstellung an die Veranstaltung heran. "Moralisches Verhalten heißt, anderen zu nutzen", sagt Kachouki. "Mächtige Menschen denken, sie hätten mehr Ressourcen zu verteilen."

Diese Einstellung könne man sich zunutze machen, erklärt Kouchaki. Um ein Karriere-Event zu überstehen, ohne sich hinterher unwohl zu fühlen, sollten sich die Teilnehmer eine wichtige Frage stellen: "Was kann ich meinem Gegenüber anbieten?" Damit umgehe man das Problem, sich eigennützig und somit unmoralisch zu fühlen.