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Das kann die neue elektronische Gesundheitskarte

Elektronische Gesundheitskarte Elektronische Gesundheitskarte
Ab Oktober erhalten die ersten Versicherten die elektronische Gesundheitskarte. Bis in einem Jahr sollen sieben Millionen unter die Leute gebracht werden.
Quelle: dpa/Hannibal Hanschke
Ab Oktober werden die ersten elektronischen Gesundheitskarten verteilt. Die Karte gilt als Schlüssel zur Vernetzung aller behandelnden Ärzte

Für ihre Macher ist sie eines der "weltweit bedeutendsten Projekte der Informationstechnologie im Gesundheitswesen": die elektronische Gesundheitskarte, die nach jahrelanger Vorbereitung nun an die Versicherten verteilt werden soll. "Welt Online" beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem umstrittenen Vorhaben.

Wann kommt die elektronische Gesundheitskarte?

Die gesetzlichen Krankenkassen beginnen ab Oktober 2011 mit der bundesweiten Ausgabe der Karte an knapp 70 Millionen Versicherte. Im ersten Jahr sollen sieben Millionen Versicherte die neue Karte bekommen.

Was ändert sich für die Versicherten?

Für die Versicherten ändert sich zunächst nichts. Die elektronische Gesundheitskarte ersetzt schrittweise die bisherige Krankenversichertenkarte. Auf ihr sind Name, Geburtsdatum, Anschrift und Versicherungsdaten gespeichert. Neu ist ein Lichtbild, das den Missbrauch der Karte verhindern soll. Auf der Rückseite der Gesundheitskarte ist als Sichtausweis die europäische Krankenversicherungskarte zur Behandlung im Ausland aufgebracht. Die neuen Kartenlesegeräte in Praxen und Kliniken können sowohl die bisherigen als auch die neuen Gesundheitskarten lesen.

Was kostet die Karte?

Die elektronische Gesundheitskarte ist ein Millionenprojekt, das letztlich die gesetzlich Versicherten und ihre Arbeitgeber über die Beiträge bezahlen. Die komplette Ausstattung aller Versicherten mit den Karten kostet nach Angaben des Kassenverbands rund 139 Millionen Euro. Die Ausstattung der 154.000 Ärzte und Psychotherapeuten und der 54.000 Zahnärzte sowie der knapp 2100 Krankenhäuser mit Lesegeräten kostet rund 156 Millionen Euro. Hinzu kommen bei den Krankenkassen ungenannte Ausgaben für die Information der Versicherten, die Beschaffung der Fotos und den Kartenversand.

Was kann die neue Karte?

Im Gegensatz zur bisherigen Versichertenkarte, die eine reine Speicherkarte ist, enthält die neue Gesundheitskarte einen Mikroprozessor. Dadurch können sensible Informationen verschlüsselt werden. Eine Online-Anbindung ist aber zum Start noch nicht vorgesehen.

Dennoch gilt die Ausgabe der Karte als erster Schritt zu einer vernetzten Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen. Denn in Zukunft sollen weitere Anwendungen folgen. So sollen die Stammdaten künftig online verändert werden können. Die Kassen können sich dann das Verschicken neuer Karten sparen, nur weil sich die Adresse des Patienten verändert hat.

In weiteren Ausbaustufen sollen auf Wunsch des Versicherten auch Notfalldaten – etwa über Vorerkrankungen, Allergien oder Arzneimittelverträglichkeiten – aufgenommen werden. Im Notfall können diese Daten von Ärzten oder Rettungssanitätern auch ohne Hilfe des Patienten gelesen werden. Auch Hinweise auf Patientenverfügungen und Organspenderklärungen können elektronisch hinterlegt werden.

Schließlich soll der elektronische Arztbrief kommen, mit dem Ärzte untereinander Daten auf sicherem Weg austauschen können. Möglich wäre in Zukunft auch eine elektronische Fallakte mit Krankengeschichte, Laborbefunden und Röntgenbildern. Dies wäre etwa für Patienten sinnvoll, an deren Behandlung mehrere Einrichtungen oder Ärzte beteiligt sind. Auch eine Dokumentation der Impfungen und verschriebenen Arzneimittel könnte auf der Karte gespeichert werden. Wann diese Funktionen genutzt werden können, ist noch völlig offen. Sie müssen zuvor getestet werden.

Droht nun der "gläserne Patient"?

Nur die Speicherung von Verwaltungsdaten ist für alle gesetzlich Versicherten verpflichtend. Alle darüber hinaus gehenden medizinischen Informationen werden nur auf ausdrücklichen Wunsch des Versicherten gespeichert. Er sei "Herr über seine persönlichen Gesundheitsdaten", betont der GKV-Spitzenverband. Der Versicherte kann seine medizinischen Daten jederzeit einsehen, ausdrucken, verbergen und löschen.

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"Das Bestimmungsrecht über eigene Daten sowie die detaillierte Kenntnis über den eigenen Gesundheitszustand ermöglichen es den Versicherten, zu mündigen Patienten zu werden", erklärt GKV-Chefin Doris Pfeiffer. Die Daten werden durch eine PIN geschützt.

Welche Vorteile soll die Karte noch bringen?

Mit der Karte erhoffen sich die Krankenkassen nicht nur mehr Transparenz für Patienten und Ärzte, sondern auch eine bessere Versorgung generell und nicht zuletzt Einsparungen. So könnten teure Doppeluntersuchungen künftig vermieden werden. In Notfallsituationen stehen Informationen zur Krankenvorgeschichte bereit.

Was sagen die Kritiker?

Für die Kritiker ist die Gesundheitskarte ein technologisches Großprojekt, das nicht Ärzten und Patienten dient, sondern eher der Wirtschaft. "Die IT-Unternehmen reiben sich die Hände", erklärt Kathrin Vogler von der Linkspartei, Vize-Vorsitzende des Gesundheitsausschusses. "Die Krankenkassen investieren Unsummen für eine scheinbar harmlose Karte mit Foto, die zunächst nicht mehr kann als die alte."

Widerstand kommt aber auch aus der Ärzteschaft. Dort fürchtet man einen höheren bürokratischen Aufwand durch die Karte. Kritik gibt es aber vor allem daran, dass die Krankendaten zentral abgespeichert werden sollen. Laut Vogler gehören sensible Patientendaten nicht auf zentrale Server, sondern in Patientenhand.

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