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Gesundheit Gefährliche Kreislaufstörung

Bluthochdruck, der sträflich unterschätzte Killer

Ein zu hoher Blutdruck kann dramatische Folgen haben: Herzinfarkt oder Schlaganfall sind typische spätere Erkrankungen. Ein zu hoher Blutdruck kann dramatische Folgen haben: Herzinfarkt oder Schlaganfall sind typische spätere Erkrankungen.
Ein zu hoher Blutdruck kann dramatische Folgen haben: Herzinfarkt oder Schlaganfall sind typische spätere Erkrankungen.
Quelle: pa, getty
Bis zu zehn Millionen Deutsche leben mit Bluthochdruck: Doch viele Betroffene ignorieren die tödlichen Gefahren, die mit der Erkrankung verbunden sind.

Egon Braun (Name geändert) merkt sofort, dass es dieses Mal ernst ist. Kopfschmerzattacken hat der pensionierte Polizeibeamte zwar schon seit vielen Jahren, aber an diesem Morgen ist da mehr als nur der dumpfe Schmerz in seiner Schläfe. Die rechte Gesichtshälfte fühlt sich seltsam taub an und seinen Arm kann er kaum bewegen.

Panik treibt ihm den Schweiß auf die Stirn, denn die Symptome kommen ihm erschreckend bekannt vor. Erst vor einem halben Jahr erlitt sein alter Schulfreund einen Schlaganfall – und der hatte sehr ähnliche Symptome beschrieben.

Wichtiges Versorgungsgefäß im Gehirn verschlossen

In der Klinik bestätigt der Arzt seine schlimmste Befürchtung: Ein wichtiges Versorgungsgefäß in Brauns Gehirn ist verschlossen. Die Funktion der Nervenzellen ist durch den Sauerstoff- und Nährstoffmangel erheblich eingeschränkt, schlimmstenfalls kann es als Folge zum Sterben der Nervenzellen kommen. Dann kann der begeisterte Modellbauer vielleicht nie wieder filigrane Flugzeugmodelle zusammensetzen.

Braun ist ratlos. Warum trifft es ihn? Er hat sich doch immer recht gesund gefühlt. In dieser trügerischen Sicherheit lebt er leider nicht allein. Bis zu zehn Millionen Bundesdeutsche wissen nicht um die Zeitbombe, die in ihrem Körper tickt. Um mehr Menschen diese Gefahr bewusst zu machen, widmet die Deutsche Herzstiftung ihre diesjährigen Herzwochen im November daher dem Thema „Bluthochdruck“.

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Zu den schwerwiegenden Krankheitsfolgen kommt es nicht nur aus Unwissenheit. Thomas Meinertz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung und Hamburger Herzspezialist, betreut viele Patienten, die ihren Bluthochdruck oft jahrelang verharmlost haben.

„Anfangs besteht meist keine Behandlungseinsicht, da sich die Betroffenen nicht krank fühlen. Der schleichende Blutdruckanstieg führt allenfalls zu unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Wärmegefühl oder Herzpochen.“

Gerade im Winter ist die Gefahr für Bluthochdruck höher als in anderen Jahreszeiten. Warum dies so ist, ist noch nicht eindeutig geklärt. Es sei beobachtet worden, dass die Herzfrequenz niedriger sei und auch die Konzentration von gefäßerweiterndem Stickstoffmonoxid abnehme, erklärt die Deutsche Hochdruckliga in Heidelberg. Die Gefäße würden enger und ließen den Blutdruck steigen.

Der Verband rät daher den schätzungsweise 35 Millionen Menschen in Deutschland mit Bluthochdruck eine regelmäßige Blutdruckkontrolle in der kalten Jahreszeit. „Die strikte Einhaltung des Zielwerts unter 140/90 mm Hg ist aufgrund des saisonalen Risikos gerade im Winter wichtig“, sagt Joachim Leiblein von der deutschen Hochdruckliga.

Ärzte warnen fast schon gebetsmühlenartig vor zu hohem Blutdruck – weil sich die Patienten über lange Zeit hinweg kerngesund fühlen. Der Druck aber schädigt langsam alle großen und kleinen Blutgefäße seines Körpers.

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Diese reagieren auf die anhaltende Druckbelastung mit einer Verkalkung und Verdickung der Gefäßwand. So entstehen Durchblutungsstörungen mit zunehmendem Funktionsausfall lebenswichtiger Organe. Das Herz pumpt weniger, die Nieren filtern schlechter, und die Sehkraft kann dramatisch abnehmen.

Doch selbst wenn die Organe bereits geschädigt sind, sehen Betroffene oft noch immer keinen Anlass für einen Arztbesuch. Tückischerweise kommt die Verschlechterung nämlich so schleichend, dass Patienten die verminderte Belastbarkeit als reine Alterserscheinung entschuldigen.

Ganz anders sieht es beim kompletten Verschluss eines Gefäßes aus. Hier führt das plötzliche Strömungshindernis zu Herzinfarkt, Schlaganfall oder einseitiger Erblindung. Die Folgen sind entsprechend dramatisch: Auch bei einer schnellen Wiedereröffnung bleibt die Organfunktion meist dauerhaft eingeschränkt.

Eine Krankheit, die zunächst keine Beschwerden macht

Damit es gar nicht erst so weit kommt, muss ein Bluthochdruck so rechtzeitig wie möglich entdeckt und behandelt werden. Doch wie erkennt man eine Krankheit, die zunächst gar keine Beschwerden macht? Bernhard Schwaab, Kardiologe und Direktor der Klinik Höhenried, empfiehlt vorsorgliches Blutdruckmessen – schon bevor überhaupt Symptome auftreten:

„Spätestens ab dem 40. Lebensjahr sollte der Blutdruck jährlich kontrolliert werden. Wer Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder einen hohen Blutdruck bereits aus dem Familienkreis kennt, sollte schon ab dem 30. Lebensjahr damit beginnen.“

Dank automatischer Messgeräte geht das auch bequem von zu Hause aus. Die tägliche Selbstmessung ist besonders wichtig bei Patienten mit nur leicht erhöhten Werten. Da der Gefäßwiderstand und damit auch der Blutdruck maßgeblich durch Stress beeinflusst werden, kann schon die Aufregung eines Arztbesuches die Werte in die Höhe treiben. Mediziner sprechen dann von einem „Weißkittelhypertonus“.

Neben der täglichen Selbstmessung ist oft auch eine Langzeit-Blutdruckmessung notwendig. Dabei trägt der Patient 24 Stunden lang ein kleines Messgerät bei sich, das seinen Blutdruck unter Alltagsbedingungen aufzeichnet. Das Blutdruck-Tagesprofil sichert einen Bluthochdruck nicht nur besonders zuverlässig – es kann auch Hinweise auf einen sogenannten sekundären Hypertonus geben.

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Hier tritt der Bluthochdruck als Folge einer anderen Erkrankung auf. Liegt zum Beispiel eine übersteigerte Ausschüttung bestimmter Hormone vor, so kann es gegebenenfalls schon genügen, den Hormonhaushalt wieder ins Lot zu bringen. Nicht selten bessert sich damit auch der Bluthochdruck.

Bei über 90 Prozent der Bluthochdruckpatienten lässt sich jedoch keine Ursache finden. Man spricht dann von einem „essenziellen Hypertonus“. Ihm liegt wahrscheinlich eine Fehlregulation im Zentralen Nervensystem zugrunde.

„Der Blutdruck wird maßgeblich von Widerstandsgefäßen, sogenannten Arteriolen, beeinflusst“, sagt Meinertz. „Aufgrund des fehlerhaften Befehls des Blutdruckzentrums werden diese Gefäße enger gestellt, als sie eigentlich müssten – mit der Folge eines dauerhaft erhöhten Blutdrucks.“

Bluthochdruck ist vererblich

Zurzeit gehen Wissenschaftler davon aus, dass diese Fehlprogrammierung größtenteils vererblich ist. Wer also Bluthochdruck und Folgeerkrankungen aus dem Verwandtenkreis kennt, sollte besonders auf einen gesunden Lebensstil achten.

Fett- und kochsalzarme Ernährung, regelmäßige Bewegung, wenig Alkohol und Rauchverzicht können der Krankheit wirksam vorbeugen. „Der obere Blutdruckwert lässt sich so um bis zu 10 mmHg senken“, verspricht Meinertz.

Neben einem gesunden Lebensstil mit viel Sport, Gemüse und salzarmer Kost ist aber fast immer auch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten nötig. Glücklicherweise haben die meisten Blutdrucksenker heutzutage kaum Nebenwirkungen – sofern man zwei Grundsätze beachtet.

„Erstens sollte die Blutdruckeinstellung langsam beginnen, damit sich das Gehirn an die neuen, niedrigeren Blutdruckverhältnisse gewöhnen kann, und die Dosis der Blutdrucksenker sollte nur langsam gesteigert werden“, erklärt Schwaab. „Zweitens kann durch die Kombination von zwei Wirkstoffen die Dosis jedes einzelnen Medikamentes niedrig gehalten und damit die Nebenwirkungsrate reduziert werden.“

Auch wenn vielen Patienten die tägliche Tabletteneinnahme und die gesunde Lebensweise lästig sind – die Mühe lohnt sich. „Eine aktuelle Studie aus London zeigt, dass durch konsequente Blutdrucksenkung etwa 40 Prozent weniger Schlaganfälle und 20 Prozent weniger Herzinfarkte auftreten“, sagt Schwaab.

Dieser Ratschlag kommt für Braun leider etwas spät. Er wird lernen müssen, mit den Folgen des Schlaganfalls zu leben. Auf seinen Blutdruck sollte er dennoch besonders achtgeben – ansonsten ist das Risiko weiterer Gefäßverschlüsse sehr hoch.

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