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Warum Männer wehleidiger sind als Frauen

Mann mit Fieberthermometer im Mund, Frau blickt fürsorglich Mann mit Fieberthermometer im Mund, Frau blickt fürsorglich
Das weibliche Immunsystem ist besser gegen Infektionen gewappnet als das männliche: Das vermeintlich starke Geschlecht wirkt bei Infekten ganz schwach
Quelle: picture-alliance / Denkou Images/Denkou Images/picture-alliance / Denkou Images
Husten, Schnupfen, Heiserkeit: Dass Männer oft mehr unter harmlosen Erkältungen leiden als Frauen, könnte handfeste biologische Ursachen haben.

Nicht selten wird ihnen nachgesagt, dass sie schon eine einfache Erkältung schlechter wegstecken oder sich sogar in ihr Leiden hineinsteigern: Männer leiden anders als Frauen. Eine britische Studie hat Anhaltspunkte dafür gefunden, dass dahinter ein handfester biologischer Unterschied steht.

Ein Forscherteam unter Leitung von Ramona Scotland von der Queen Mary Universität in London fand in Versuchen mit Mäusen und Ratten heraus, dass das männliche Immunsystem in der Bekämpfung von Infektionen weniger effektiv ist als die weibliche Abwehr. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal "Blood" veröffentlicht.

Weibliche Versuchstiere erholen sich schneller

Danach war die Zahl von bestimmten weißen Blutkörperchen in Bauch- und Brusthöhle weiblicher Versuchstiere rund doppelt so hoch wie bei den männlichen, sodass die weiblichen Tiere besser gegen eine Infektion gewappnet sind. Zudem fanden die Forscher heraus, dass bei den Weibchen die Entzündungsreaktion nicht so stark war, sodass ihnen die Erkrankung weniger zusetzte als den Männchen und sie sich auch schneller davon erholten.

Auch wenn diese Ergebnisse nur bei Mäusen und Ratten gefunden wurden, glaubt die Forscherin, dass sie auch auf Menschen übertragbar seien, weil es sich um einen klassischen Teil der Immunantwort von Säugetieren handle, sagte sie auf Bioscholar, einem Internetportal für Wissenschaftsnachrichten.

Hormone spielen eine Rolle

Immunologen unterscheiden beim Immunsystem zwischen einem angeborenen Teil und einem Teil, der sich im erst im Laufe des Lebens durch die ständige Auseinandersetzung mit Keimen und Krankheitserregern entwickelt. "Der Teil des Immunsystems, den die Forscher in dieser Studie untersucht haben, gehört zum angeborenen Teil der Abwehr: Bestimmte weiße Blutkörperchen sitzen im Gewebe und in den Blutzellen und können Eindringlinge sofort erkennen.

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Diese Zellen alarmieren dann das gesamte Immunsystem und führen zu einer Immunantwort", sagt Andreas Lengeling, Immunologe und Genetiker am Roslin Institute der Universität von Edinburgh in Schottland. Auch wenn es noch nicht eindeutig geklärt sei, könne man davon ausgehen, dass diese erste angeborene Reaktion der Immunzellen bei allen Säugetieren gleich sei und somit auch für Menschen gelte.

Dafür, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf Infektionen reagieren, kennt der Immunologe noch weitere Beispiele: "Eine US-Studie über den Verlauf von Blutvergiftungen durch Krankenhauskeime hat gezeigt, dass Frauen eine solche Sepsis besser überleben als Männer. Eine weitere Studie fand heraus, dass in bestimmten ethnischen Gruppen Frauen weniger anfällig auf einen Erreger von Tuberkulose reagieren als Männer. Das galt besonders für chinesische Männer." Eine generelle Aussage sei aber schwierig, denn es hänge auch immer von dem Krankheitserreger ab, wie heftig der Körper darauf reagiere.

Die Erklärung für die Geschlechtsunterschiede könnte in den Hormonen liegen: "Geschlechtshormone haben einen großen Einfluss auf die Immunantwort. Bei Frauen spielt dabei vor allem das Östrogen eine Rolle, auch wenn noch nicht geklärt ist, wie das im Detail funktioniert", sagt Lengeling.

Immunsystem wird von Sexualhormonen reguliert

In diese Richtung weist auch eine weitere Studie, die im Journal "Respiratory Research" veröffentlicht wurde. Danach reagierte das Immunsystem junger Frauen stärker auf normale Schnupfenviren (Rhinoviren) als die körpereigene Abwehr von Männern oder älteren Frauen nach den Wechseljahren. Die Forscher der australischen Universität von Queensland ziehen daraus den Schluss, dass die Reaktion des Immunsystems von Sexualhormonen reguliert wird.

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Dass bei der Infektanfälligkeit auch die Seele eine Rolle spielt, zeigt eine frühere Studie, die Forscher in Südkorea mit 1200 Arbeitern durchführten und die im Wissenschaftsjournal "Occupational Medicine" veröffentlicht wurde. Danach war bei Männern, die in ihrem Job Stress erlebten, die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Erkältung bekamen, um 74 Prozent höher als bei Männern, die weniger unter Arbeitsdruck standen.

Das Krankheitsrisiko war um 42 Prozent erhöht bei denen, die ihre Arbeit nur unzureichend kontrollieren konnten und um 40 Prozent erhöht bei Männern, die keine ausreichende soziale Unterstützung hatten. Ähnliche Zusammenhänge unter Frauen fanden die Wissenschaftler nicht. Als einen der Gründe für diese Unterschiede vermuten die koreanischen Forscher, dass Männer Erkältungssymptome eher betonen, während Frauen dazu neigen, gelassener damit umzugehen.

Wie sich Stress auf den Körper auswirkt, ist aber von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und von vielen Faktoren abhängig, unter anderem auch davon, wie viel sich jemand zutraut. "Man kann eine äußere Belastung etwa als Herausforderung erleben, verbunden mit der Zuversicht, diese zu bewältigen. In diesem Fall stellt sich auch der Körper anders auf Situationen ein, und der Stress wird bei der Bewältigung der Aufgabe im Ergebnis als positiv empfunden", sagt Matthias Rose vom Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf.

Stress schwächt die Immunabwehr

Anders sieht es aus, wenn jemand unter anhaltend schwierigen Lebensbedingungen leidet und mit deren Bewältigung überfordert ist. Das könne zum Beispiel eine schwierige Partnerbeziehung sein oder unlösbar scheinende Probleme am Arbeitsplatz, sagt Rose. In diesem Fall kommt es zu chronischen Stressreaktionen, die auf lange Sicht auch zu der Entwicklung von Erkrankungen beitragen könnten.

Auf akuten oder chronischen Stress reagiert der Körper auf unterschiedlichen Ebenen mit verschiedenen Systemen: So wird das sympathische Nervensystem aktiviert, dadurch steigen Blutdruck und Herzfrequenz. In der Nebennierenrinde wird mehr Kortison ausgeschüttet, was sich auf den Stoffwechsel und die Immunfunktion auswirkt.

Das Immunsystem reagiert mit einer veränderten Funktion der weißen Blutkörperchen, was in bestimmten Fällen auch zu einer größeren Empfindlichkeit für Infektionen führen kann. "Die Stressreaktion des Körpers ist jedoch ein so komplexes System, dass man meist nicht sagen kann, welche einzelne Ursache für eine erhöhte Infektanfälligkeit verantwortlich ist", sagt Rose.

Dass es einen Unterschied gibt, wie Männer und Frauen mit Beschwerden umgehen, kann auch der Psychosomatikexperte bestätigen: "Es ist bekannt, dass bei bestimmten Krankheiten Männer bei ähnlichen Befunden über mehr Beschwerden klagen als Frauen. In der Allgemeinbevölkerung geben allerdings Frauen im Durchschnitt mehr Beschwerden an."

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