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Ärztepräsident fordert Abschaffung der Praxisgebühr

Chefökonomin
Praxisgebühr Praxisgebühr
Seit ihrer Einführung ist die Praxisgebühr ein Ärgernis. Die Ärzte wollen sie loswerden
Quelle: picture-alliance / ZB/dpa-Zentralbild
Die Regierungskoalition prüft derzeit die Änderung der Praxisgebühr. Die Ärzte empfehlen, nicht beim Patienten, sondern beim Versicherten anzusetzen.

Worum geht es

Die Deutschen sind Weltmeister bei den Arztbesuchen. Jeder Bundesbürger geht im Durchschnitt 18 Mal im Jahr zum Doktor. Weil die 2004 eingeführte Praxisgebühr daran nichts geändert hat, prüft die Koalition jetzt eine Reform. Die Ärzte verlangen dagegen die Abschaffung der Praxisgebühr.

„Die Praxisgebühr hat keinerlei Steuerungsfunktion, sondern verursacht nur höhere Bürokratiekosten, als sie Einnahmen bringt“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery „Welt Online“. Die Ärzte begrüßten es deshalb, dass die Koalition die Praxisgebühr jetzt auf den Prüfstand stelle.

Union will Praxisgebühr bei jedem Arztbesuch

Allerdings liegen die Vorstellungen von Union und FDP noch auseinander: In der Union liebäugelt man damit, die Gebühr künftig bei jedem Praxisbesuch zu verlangen , sie dafür aber deutlich zu senken. Derzeit zahlt ein Erwachsener beim ersten Arztbesuch im Quartal zehn Euro. Der Duisburger Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sagte der „Bild“-Zeitung, fünf Euro pro Besuch machten „mehr Sinn als die jetzige Gebühr“.

Der FDP-Gesundheitsexperte Lars Lindemann sagte, die jetzige Praxisgebühr habe „keinerlei steuernde Funktion“. Deshalb müssten 2012 Alternativen geprüft werden. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Johannes Singhammer monierte, „der Effekt, die Zahl der Arztbesuche zu dämpfen“, sei mit der jetzigen Gebühr nicht erreicht worden.

FDP gegen Unionsvorschlag

Deshalb werde eine „unbürokratischere, bessere Lösung“ geprüft. Die Liberalen lehnen jedoch den Vorschlag ab, pro Praxisbesuch fünf Euro zu verlangen. Dies sei eine Position der Union, hieß es. Und ein Sprecher von Ressortchef Daniel Bahr (FDP) machte klar: „Überlegungen, die Praxisgebühr pro Arztbesuch zu erheben, stammen nicht aus dem Bundesgesundheitsministerium. Die Koalition hat über dieses Thema noch nicht beraten.“ Allerdings steht im schwarz-gelben Koalitionsvertrag, dass die Praxisgebühr überprüft werden soll.

FDP-Gesundheitspolitiker Heinz Lanfermann, sagte, bei der angestrebten Reform gehe es darum, mehr auf Eigenverantwortung der Versicherten zu setzen. Gegen eine kleine, sozial abgefederte Selbstbeteiligung sei nichts einzuwenden. Aber eine Gebühr pro Arztbesuch „lehne ich ab“, sagte Lanfermann.

Auch Ärzte gegen Praxisgebühr-Vorschlag der Union

Mehr Eigenverantwortung könnte etwa durch mehr Transparenz bei den Behandlungskosten geschaffen werden, sagte der FDP-Politiker. So könnten die Patienten nach dem Erstattungsprinzip die Abrechnungen der Behandlungen bekommen, ohne jedoch in Vorkasse gehen zu müssen. Es gehe bei der Reform nicht um eine Steigerung der Einnahmen – die Einnahmen durch die Praxisgebühr lägen bei 2,6 Milliarden Euro. Für ein intelligenteres System könne man – angesichts der guten Kassenlage – sogar auf einen Teil verzichten, sagte Lanfermann.

Bei den Ärzten stößt der Vorschlag, bei jedem Praxisbesuch künftig fünf Euro zu erheben, auf Widerstand: „Diese Lösung wäre Unsinn und würde noch mehr Bürokratie bedeuten“, sagte Montgomery. Wenn die Koalition die Eigenverantwortung stärken wolle, sollte sie nicht beim Patienten, sondern beim Versicherten ansetzen, etwa über eine Ausweitung von Wahltarifen, so der Ärztepräsident. „Der Patient ist die falsche Person für die Steuerung, denn im Krankheitsfall interessieren einen solche Dinge wie Zuzahlungen überhaupt nicht – da möchte man einfach wieder gesund werden.“

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