Der Saft des Lebens: Was unser Blut alles verrät

Das Blut kennt die Wahrheit

Gelegentlich rot zu sehen, kann auch Ärzten weiterhelfen. So wie bei der Blutanalyse dieser fünf Patienten. Erst die Laboruntersuchung enthüllte, was hinter ihren Beschwerden steckt. Ein BamS-Report über die Geheimnisse des Blutes

Foto: Frank Zauritz
Von: Von ANNA MEISSNER & VOLKER WEINL

Etwa fünf bis sechs Liter Blut pulsieren durch unseren Körper. Manchmal genügen aber schon wenige Tropfen, um einem Menschen das Leben zu retten. Dann nämlich, wenn im Labor anhand einer Blutprobe eine Krankheit entdeckt wird, die Ärzte gut behandeln können.

In BILD am SONNTAG erklären Experten, warum das Blut ein besonderer Saft ist, wie Mediziner ihn entschlüsseln und welche Blutuntersuchungen auch Gesunde regelmäßig vornehmen lassen sollten.

Wozu brauchen wir unser Blut?

„Das Blut wird vom Herzen durch unsere Adern gepumpt. Es versorgt den Körper und seine Zellen mit Sauerstoff und Nährstoffen, Abfallstoffe befördert es von ihnen weg. Außerdem verteilt es Botenstoffe wie Hormone, und nicht zuletzt patrouillieren im Blut die Zellen unserer Immunabwehr, um uns vor Infektionen und Erkrankungen zu schützen“, sagt Dr. Frank-Peter Schmidt vom Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam.

Warum ist Blut rot?

Dr. Schmidt: „Die Farbe kommt vom eisenhaltigen roten Blutfarbstoff Hämoglobin, der in den roten Blutkörperchen steckt.“

Was sind weitere wichtige Bestandteile des Bluts?

„Die weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen für die Blutgerinnung. Daneben die im Blut gelösten Stoffe wie Eiweiße, Gerinnungsfaktoren, Antikörper, Enzyme, etwa aus der Leber, sowie Hormone und natürlich auch der Blutzucker Glukose“, sagt Prof. Herbert Koop, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie am Helios-Klinikum Berlin-Buch.

Welche Rolle spielt das Blut bei der Diagnose von Krankheiten?

Dr. Schmidt: „Die wichtigste Rolle bei der Diagnose spielt natürlich der Arzt. Aber Studien zeigen, dass 60 bis 70 Prozent der Krankheitsdiagnosen wesentlich mithilfe von Blutanalysen zustande kommen.“

Warum lassen sich im Blut Krankheiten erkennen?

Dr. Schmidt: „Weil das Blut den ganzen Körper durchströmt, kann es auch auf Krankheitsanzeichen aus allen Körperteilen hinweisen, etwa auf Entzündungen. Bei der Laboranalyse von anderen Körperflüssigkeiten wie Speichel, Urin oder Magenflüssigkeit erfährt der Arzt dagegen nur etwas über einen begrenzten Teil des Körpers. Typische Krankheitszeichen im Blut sind eine hohe Konzentration von weißen Blutkörperchen, was unter anderem auf eine Infektion hindeutet. Zu wenige dieser Abwehrzellen sind oft Anzeichen einer Immunschwäche. Zu wenig Hämoglobin in den roten Blutkörperchen wiederum kann Zeichen eines Eisenmangels sein.“

Man hört oft vom großen Blutbild. Was ist das?

Dr. Schmidt: „Blutbilder beschreiben den Zustand der Zellen im Blut. Beim kleinen Blutbild wird unter anderem die Anzahl der roten und weißen Blutkörperchen sowie der Blutplättchen gemessen. Beim großen Blutbild werden zusätzlich die verschiedenen Typen der weißen Blutkörperchen, der Leukozyten, untersucht. Je nachdem, mit welcher Erkrankung sich der Körper auseinandersetzt, ist eine bestimmte Sorte von Leukozyten erhöht.“

Verrät ein großes Blutbild jede Krankheit?

Dr. Schmidt: „Nein. Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen oder Schilddrüsenerkrankungen lassen sich damit nicht erkennen. Grundsätzlich ist eine bestimmte Blutuntersuchung nur sinnvoll, wenn der Arzt einen konkreten Verdacht hat, oder wenn ein Problem wahrscheinlich ist; zum Beispiel aufgrund von Risikofaktoren.“ So empfiehlt Prof. Heinrich-Josef Lübke, Chefarzt der Garostenterologie und Diabetologie im Helios-Klinikum Emil von Behring Berlin, im Falle von Übergewicht und in der Familie gehäuften Vorerkrankungen etwa ab dem 45. Lebensjahr Bluttests in gewissen Abständen. „So stellt man sicher, dass keine diabetische Stoffwechsellage, keine Fettstoffwechselstörung und keine Nierenerkrankung vorliegt.“

Sollten auch Gesunde regelmäßig eine Blutuntersuchung machen lassen?

Dr. Schmidt: „Das ist ohne Anlass nicht nötig. Ausnahmen sind die Blutuntersuchung beim Neugeborenen, die Schwangerschaftsuntersuchungen und Blutanalysen zur Prävention wie beim Darmkrebsscreening, der Prostatavorsorge oder dem Gesundheits-Check-up für alle ab 35 Jahre (alle zwei Jahre). Das alles sind übrigens Untersuchungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen gezahlt werden.“

Wie viel Blut benötigt man für eine Laboranalyse?

Prof. Koop: „Immer weniger. Meist genügen 5 bis 20 Milliliter. Zum Vergleich: Bei einer Blutspende werden etwa 500 Milliliter entnommen.“

Wie wird Blut entnommen?

Prof. Koop: „Meist aus der Vene in der Ellenbeuge; in geübten Händen verursacht die Entnahme dort kaum Schmerzen. Manchmal kann auch Kapillarblut aus der Fingerkuppe verwendet werden, etwa zur Blutzuckermessung. Bei Patienten, die zu Kreislaufproblemen neigen, sollte die Blutentnahme im Liegen vorgenommen werden.“

Jedes Jahr bekommen etwa 300 000 Deutsche die Diagnose Diabetes. Wie wird die Zuckerkrankheit festgestellt?

Prof. Lübke: „Durch einen einfachen Bluttest. Liegt der Blutzuckerwert nüchtern über 125 Milligramm pro Deziliter (ml/dl) oder der nicht-nüchterne Wert über 200 ml/dl, besteht starker Verdacht auf Diabetes.“

Häufig diskutiert wird, wie hoch der Cholesterin-Wert im Blut sein darf. Was gilt?

Prof Lübke: „Der genaue Wert hängt davon ab, ob weitere Risikofaktoren wie Diabetes vorliegen. Allgemein spricht man ab einem Wert von 200 mg/dl von einem zu hohen Gesamtcholesterinwert. Dieser teilt sich auf in die zwei Unterfraktionen HDL und LDL. Das LDL, das sogenannte „schlechte“ Cholesterin, ist ein Risikofaktor für Gefäßkrankheiten. Der LDL-Wert sollte unter 130 mg/dl liegen. Erste Maßnahme bei zu hohem Cholesterin ist Gewichtsreduktion und Bewegung. Häufig ist aber auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich.“

Wie kann ein Herzinfarkt per Bluttest erkannt werden?

Prof. Koop: „Anhand bestimmter Enzyme aus dem Herzmuskel, die beim Infarkt ins Blut freigesetzt werden. Frühzeitiges Infarktzeichen ist zum Beispiel das Enzym Troponin im Blut.“

Kann man auch die Gene anhand einer Blutprobe untersuchen?

Dr. Schmidt: „Ja. Die weißen Blutkörperchen enthalten auch Erbsubstanz. Damit lässt sich zum Beispiel abklären, ob ein in der Familie aufgetretenes Erbleiden bei einem Patienten vorliegt.“

Vor allem Frauen leiden unter Blutarmut. Warum?

Prof. Lübke: „Der häufigste Grund einer Blutarmut, einer sogenannten Anämie, ist Eisenmangel. Frauen haben aufgrund von Schwangerschaften und Monatsblutungen einen gesteigerten Eisenbedarf. Bei uns ist ungefähr jede zehnte Frau von einer Eisenmangel-Anämie betroffen.“

Was kann man gegen zu wenig Eisen im Blut tun?

Prof. Lübke: „Wichtig ist eine eisenhaltige Ernährung mit Fleisch, aber auch Kürbiskernen, Bohnen und getrockneten Kräutern. Das sollten vor allem Vegetarierinnen beachten. Spinat dagegen hat keinen hohen Eisengehalt! Bei stärkerem Eisenmangel helfen Eisenpräparate als Tabletten oder in schweren Fällen als Infusionen. Für die Eisenaufnahme ist zudem eine ausreichende Menge an Vitamin C erforderlich.“

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