Auto statt Fahrrad, Lift statt Treppe: Viele Menschen in Deutschland bewegen sich lieber bequem fort als gesund. Eine aktuelle Studie bescheinigt vielen Menschen ein weitgehend bewegungsloses Leben.
Sieben Stunden verbringt jeder Erwachsene in Deutschland durchschnittlich im Sitzen – Tag für Tag. Von den Berufstätigen sitzt jeder Dritte sogar mehr als neun Stunden. Hinzu kommen im Schnitt mehr als drei Freizeitstunden – sitzend oder liegend – vor dem Fernseher oder im Internet. Für Bewegung bleibt also kaum mehr Zeit.
Sportmuffel in der Mehrheit
Eine aktuelle Studie offenbart: Das Leben vieler Menschen in Deutschland ist weitestgehend bewegungslos. Die Sportmuffel sind in Deutschland inzwischen in der Mehrheit. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) mehr als 1000 Deutsche ab 18 Jahren zu ihren Bewegungsgewohnheiten befragt. Mehr als jeder zweite Befragte gab an, gar nicht oder kaum sportlich aktiv zu sein. „Eine ganze Bevölkerungsgruppe scheint sich immer weiter von der Bewegung abzukoppeln“, warnte der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas mit Blick auf die negativen Folgen für die Gesundheit und die steigenden Kosten für das Gesundheitssystem: „Deutschland sitzt sich krank.“
Und nicht nur der Sport kommt oft zu kurz: Selbst auf ihren alltäglichen Wegen sind die Menschen in Deutschland im Schnitt nur eine halbe Stunde zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs. Jeder Sechste kommt sogar nur auf höchstens 15 Minuten. Förderlich für das eigene Gesundheitsempfinden ist das nicht: Wer sich weniger bewegt, fühlt sich auch schlechter, zeigt die Studie.
Dabei empfinden die meisten Befragten eine Stunde Bewegung und mehr als passend. Zu lange Wege, Zeitmangel, körperliche Einschränkungen und mangelnde Motivation hindern viele daran.
Bedenkliche Entwicklung
Der Anteil der Sportmuffel oder Totalverweigerer ist seit 2007 von 45 auf 52 Prozent gestiegen. Sportler sind inzwischen in einer – wenn auch knappen – Minderheit.
Experten sehen darin eine bedenkliche Entwicklung. „Die, die nichts für sich tun, erkennen, dass sie in guter Gesellschaft sind“, sagt etwa der Sportwissenschaftler und Autor Michael Despeghel.
Der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas spricht von einer „Polarisierung der Gesellschaft“, die an amerikanische Verhältnisse erinnere. Auf der einen Seite gebe es eine kleine Gruppe, die immer intensiver Sport treibe und auf der anderen Seite immer mehr Menschen, die gar nichts tun. Nur etwa jeder Fünfte zählt sich zu den Leistungs- und Freizeitsportlern mit mindestens drei Stunden Training pro Woche.
Ostdeutsche sind Sportmuffel
An das Motto „Sport ist Mord“ halten sich mehr Ost- als Westdeutsche: Mit 63 Prozent ist der Anteil der Sportvermeider in Ostdeutschland besonders hoch. Die Ursachen könne die Studie nicht erklären, sagte Baas. Manfred Güllner vom Forsa-Institut erinnerte daran, dass sich auch heute noch etwa ein Drittel der Ostdeutschen als Verlierer der Wende sieht und generell unzufriedener sei.