Rechtsfragen beim Crowdfunding - Alles easy, oder was?

Dass die Crowdfunding-Landschaft kein Schlaraffenland ist, bei dem das Geld einfach so angeflogen kommt, dürfte klar sein. Was genau aber die offenen Fragen beim Geschäft mit der Masse sind, das erklärt uns Rechtsanwalt Kai Bodensiek.

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Kickstarter stellt die Anforderung, nur US- oder UK-Projekte zuzulassen, handelt dabei aber inkonsequent. Auf vielen Projektseiten wie etwa auch beim Rollenspiel Days of Dawn wird kein Frontmann aus den USA als Vertragspartner genannt, sondern direkt das deutsche Studio Bumblebee aus Wiehl.

Kickstarter steht in der Spielebranche symbolisch für das Phänomen des »Crowdfundings«, auch wenn es bei Weitem nicht die einzige Plattform ist, die sich mit der Finanzierung durch die Masse beschäftigt. Inzwischen gibt es eine fast unüberschaubare Anzahl an Plattformen, die durchaus unterschiedliche Arten des »Crowdfundings« anbieten.

Allen Plattformen gemein ist das Ziel, Geld möglichst einfach zu sammeln und dem Projekt - bzw. anteilig dem Plattformbetreiber - zukommen zu lassen. Einfachheit ist hier der Schlüssel, denn wenn man durch den Free2Play-Trend etwas gelernt hat, dann ist das, ein möglichst barrierefreies Erlebnis für den Kunden zu erschaffen.

Doch wie so oft ist »einfach zu nutzen« nicht auch gleichbedeutend mit rechtlich einfach. Beim Crowdfunding und speziell bei Kickstarter finden sich - besonders für deutsche Anbieter - leider eine Vielzahl von Rechtsfragen und Problemen, die vor allem erst dann zum Tragen kommen, wenn das Projekt erfolgreich finanziert wird.
Dabei reden wir nicht einmal von einem Finanzierungsmodell, wie man es etwa bei »Gambitious« findet. Dort wird neben dem normalen Einsatz (Pledge), also Geld gegen Goodie, auch die Möglichkeit eingeräumt, sich direkt wirtschaftlich am Projekt mit der Hoffnung auf Gewinn zu beteiligen.

Kai Bodensiek
ist Rechtsanwalt und Partner in der Medienkanzlei Brehm & v. Moers.

Kai ist spezialisiert auf die Beratung von Publishern und Entwicklern von Computerspielen in Fragen des Vertrags- und Lizenzrechts, des Urheber- und Wettbewerbsrechts und des Gesellschaftsrechts. Darüber hinaus unterrichtet er regelmäßig Urheberrecht und Projektfinanzierung an der Games Academy und der Mediadesign Hochschule Studenten in den Fachbereichen Producing und Game Design.

Härtefall Deutschland

Solche Modelle sind aus rechtlichen Gründen in Deutschland zumindest in dem notwendigen Umfang bisher nicht möglich. Das Gesetz über Vermögensanlagen (VermAnlG) schreibt für alle öffentlichen Investitionsangebote vor, dass ein sogenannter Verkaufsprospekt zu erstellen ist, der von der Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht freizugeben ist. Ein solcher Prospekt muss insbesondere die Anlagerisiken und die beteiligten Personen ausführlich erklären.

Die Erstellung eines solchen Prospekts verschlingt bei Investmentfonds sehr leicht Beträge, die deutlich über so manches Gesamtinvestment kleiner Projekte hinausgehen. Der Aufwand wäre also für ein Crowdfunding nicht zu rechtfertigen. Beim Verstoß gegen die Vorschrift droht zumindest ein Bußgeld in schmerzhafter Höhe. Ausnahmen hiervon gibt es nur wenige und sie dürften für das Crowdfunding nicht interessant sein: So ist etwa dann kein Prospekt notwendig, wenn sich nur maximal 20 Investoren beteiligen können, wenn weniger als 100.000 Euro gesammelt werden sollen oder wenn der kleinste Investmentanteil über 200.000 Euro liegt. Zumindest laut den Gesetzesmaterialien soll auch ein bedingt rückzahlbares Darlehen - die Rückführung nebst Zinsen erfolgt nur aus Projektmitteln - ausgenommen sein. Die Abgrenzung dürfte aber schwierig werden. Der Gesetzgeber hat angekündigt, eine Lockerung im Hinblick auf Crowdfunding zu prüfen. Konkrete Entwürfe sind bisher allerdings nicht bekannt.

Dieser Artikel ist Teil einer ganzen Reihe von Beiträgen zum Thema Crowdfunding im Allgemeinen und Kickstarter.com im Besonderen aus der Making-Games-Ausgabe 01/2013. Making Games ist das wichtigste deutschsprachige Branchen-Magazin für Spiele-Entwicklung und Business-Development. Alle zwei Monate bieten nationale und internationale Spiele-Entwickler in dem White-Paper-Magazin Einblicke in die Entstehung ihrer Spiele und kommentieren aktuelle Branchen-Entwicklungen.

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Die Sache mit dem Frontmann

Auch das einfachere Modell von Kickstarter ist nicht ohne Tücken. Es beginnt damit, dass bis vor kurzem nur Unternehmen oder Personen mit festem Sitz und Konto in den USA als Veranstalter einer Kickstarter-Aktion auftreten durften. Inzwischen wurde Großbritannien als zulässiger Herkunftsort aufgenommen. Dennoch gab es in der jüngeren Vergangenheit viele Projekte aus Deutschland und aktuell findet man eine Vielzahl deutscher Projekte auf der Plattform.

Kickstarter stellt die Anforderung, nur US- oder UK-Projekte zuzulassen, handelt dabei aber inkonsequent. Auf vielen Projektseiten wie etwa auch beim Rollenspiel Days of Dawn wird kein Frontmann aus den USA als Vertragspartner genannt, sondern direkt das deutsche Studio Bumblebee aus Wiehl. Kickstarter stellt die Anforderung, nur US- oder UK-Projekte zuzulassen, handelt dabei aber inkonsequent. Auf vielen Projektseiten wie etwa auch beim Rollenspiel Days of Dawn wird kein Frontmann aus den USA als Vertragspartner genannt, sondern direkt das deutsche Studio Bumblebee aus Wiehl.

Dies funktioniert nur, wenn man sich eines »Frontmanns« in den USA (bzw. jetzt in UK) bedient. Dieser Frontmann eröffnet von den USA aus den Account bei Kickstarter unter Verwendung seiner eigenen Angaben. Laut der Nutzungsbedingungen von Kickstarter ist er damit der einzig Verantwortliche für das Projekt und für die Erfüllung gegenüber den Geldgebern (Backer) verantwortlich. Konsequent ist Kickstarter dabei jedoch nicht, denn ruft man die Projekte auf, liest man eben nicht den Namen der verantwortlichen Person in den USA, sondern am Beispiel des kürzlich gestarteten »Days of Dawn« findet man dort den Hinweis auf den Entwickler Bumblebee aus Wiehl in Deutschland.

Das steht in offenem Widerspruch zur Anforderung von Kickstarter, nur US- oder UK-Projekte zuzulassen. Hier stellt sich schon die erste Frage: Wer ist überhaupt zum Vertragspartner der Backer geworden? Der Frontmann in den USA oder das deutsche Entwicklungsstudio? Damit gehen viele andere Fragen einher, wie etwa zur Besteuerung, der Verantwortlichkeit gegenüber den Backern oder der allgemeinen Verantwortlichkeit für den Inhalt des Projekts auf Kickstarter.

Zunächst darf man sich aber die Frage stellen, nach welchem Recht sich das Verhältnis zwischen dem Backer und dem Verantwortlichen richtet. Die Beziehung zu Kickstarter ist auf beiden Seiten durch die Kickstarter-AGB geregelt. Hier findet das Recht des Staates New York Anwendung. Bezüglich des Verhältnisses zwischen den beiden eigentlichen Akteuren schweigen die AGB jedoch. Üblicherweise richtet sich das Recht eines Vertrags nach einer gemeinsam getroffenen Rechtswahl. Das wäre auch bei Kickstarter möglich, zum Beispiel in Form von allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verantwortlichen auf der Projektseite.

Ein solches Vorgehen sieht man bei einigen US-Projekten, aber bei den bisher bekannten deutschen Projekten fehlen solche Vereinbarungen. Mangels einer Vereinbarung kommt regelmäßig das Recht zur Anwendung, zu dem der engste Bezug besteht. Dies kann US-Recht sein, wegen der Nutzung der Plattform unter US-Recht und aufgrund der Tatsache, dass laut Kickstarter-AGB der Verantwortliche seinen Sitz in den US haben muss. Es könnte aber beim Fall eines deutschen Studios auch deutsches Recht sein, denn dort wird das Spiel entwickelt und von dort wird es ausgeliefert.

Schließlich könnte sich das anwendbare Recht auch nach dem Wohnort des Backers richten. Das Erstaunliche ist, dass deutsche Entwickler (zurecht) üblicherweise US-Recht scheuen wie der Teufel das Weihwasser, hier aber das erhebliche Risiko eingehen, dass die Finanzierung ihres Projekts US-Recht unterliegt - mit allen damit verbundenen Konsequenzen, wie astronomischen Rechtsanwaltskosten, drohenden Sammelklagen oder der berüchtigten US-Produkthaftung.

Eine abschließende Klärung des anzuwendenden Rechts ist eine Frage des Einzelfalls und auch der Umfang der Kampagne und deren Bewerbung in einigen Ländern kann hier erheblichen Einfluß auf die Bewertung haben. Es kann sogar soweit kommen, dass je nach Backer unterschiedliche Rechtsordnungen Anwendung finden, wenn etwa die Kampagne aktiv in mehreren EU-Ländern beworben wurde. Zumindest dürfte jedem Verantwortlichen daran gelegen sein, nicht dem US-Recht zu unterfallen.

Aber auch das Verhältnis zwischen dem Frontmann und dem Studio ist rechtlich zumindest gefährlich. Als was tritt er tatsächlich auf? Im eigenen Namen oder als Vertreter des Studios? Will der Frontmann selbst für die Erfüllung der Pflichten aus dem Projekt gegenüber den Backern einstehen oder soll direkt das Studio verpflichtet werden? Letzteres widerspricht den AGB von Kickstarter, dafür könnte aber sprechen, dass der Name des eigentlichen Frontmanns auf der Projektseite gar nicht auftaucht, der Kunde ihn also gar nicht kennt. Für beide Positionen lassen sich gute Argumente finden.

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