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Blutdruck, Rauchen, Alkohol: Die größten Gesundheitsrisiken der Welt

Foto: Corbis

Weltgesundheitsbericht An diesen Krankheiten sterben die meisten Menschen

Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Schlaganfälle in den reichen, Seuchen und Hunger in armen Ländern: Ein internationales Konsortium hat Daten zur Gesundheit von Millionen Menschen analysiert. Entstanden ist der bisher ausführlichste Weltatlas der Krankheiten und Lebenserwartungen.

Es ist der bisher umfassendste Gesundheitsbericht seiner Art: 486 Autoren aus 50 Nationen haben sich mehr als fünf Jahre lang mit den Daten zur Gesundheit von Millionen Menschen weltweit beschäftigt, sie analysiert und ausgewertet. Dabei herausgekommen ist ein Werk, das sich wie ein Weltatlas der Krankheiten liest. Ob Lebenserwartung, Risikofaktoren, Todesursachen, Verletzungen, physische oder psychische Krankheiten: Die "Global Burden of Disease Study 2010 " (GBD 2010), vorgestellt am Donnerstag in London von der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet" , listet Statistiken aus insgesamt 187 Ländern auf.

Es fällt schwer, ein Ergebnis aus der Studie als Kernaussage zu ziehen. Doch etliche Resultate zeigen eindeutig, wie sich die Gesundheit der Menschen im Laufe der vergangenen Dekaden verändert hat. Besonders eindrücklich lesen sich folgende Zahlen:

  • 2010 starben 9,4 Millionen Menschen weltweit an den Folgen von Bluthochdruck. 6,3 Millionen Todesfälle sind demnach auf die Folgen von Rauchen zurückzuführen. Auf Platz drei der größten Gesundheitsgefahren mit 5 Millionen Todesfällen steht Alkohol. Die drei Risikofaktoren haben sogar Untergewicht im Kindesalter überholt, das 1990 noch zu den größten Gesundheitsgefahren zählte. 2010 starben demnach 860.000 Kinder an den Folgen von Hunger, 1990 waren es noch 2,3 Millionen.
  • Deutliche Fortschritte gibt es bei der durchschnittlichen Lebenserwartung Neugeborener: So ist die Lebenserwartung einer Frau bei der Geburt in den vergangenen 40 Jahren um 12,1 Jahre (19,8 Prozent) gestiegen: 1970 betrug die Lebenserwartung eines neugeborenen Mädchens 61,2 Jahre, 2010 dagegen durchschnittlich 73,3 Jahre. Für Männer stieg die Lebenserwartung innerhalb der gleichen Zeit um 11,1 Jahre (19,7 Prozent): Ein 2010 geborener Junge hatte eine Lebenserwartung von 67,5 Jahren, 1970 waren es nur 56,4 Jahre. Das Problem: Die längere Lebenserwartung bringt ein längeres Leben mit Krankheiten mit sich. Bei einem detaillierten Blick auf die Länder wird den Experten zufolge deutlich, dass die große Lücke bei der Lebenserwartung zwischen reichen und armen Regionen noch genauso groß ist wie vor 40 Jahren.
  • Die höchste Lebenserwartung der Welt hatten 2010 mit 85,9 Jahren Frauen in Japan. Männer in Japan brachten es 2010 auf eine Lebenserwartung von 79,3 Jahren. In Westeuropa führten Frauen aus Andorra mit 85,2 Jahren die Statistiken an, ebenso wie Männer aus Island mit 80 Jahren. Als Lebenserwartung der Deutschen werden für 2010 82,8 Jahre für Frauen und 77,5 Jahre für Männer genannt.
  • Die niedrigste Lebenserwartung der Welt hatten Menschen aus Haiti: 2010 betrug die Lebenserwartung für einen neugeborenen Jungen gerade einmal 32,5 Jahre, für ein neugeborenes Mädchen 43,6 Jahre. Am meisten steigerte sich die Lebenserwartung auf den Malediven (von 50,2 auf 77,5 Jahren bei Männern und von 51 auf 80,4 Jahren bei Frauen).
  • In den vergangenen zehn Jahren ist den Statistiken zufolge Fettleibigkeit zum großen Problem geworden: Lag diese 1990 noch auch Platz zehn, steht sie nun auf Platz sechs in der Welt. Mehr als drei Millionen Todesfälle seien 2010 auf einen zu hohen Body-Mass-Index (BMI) zurückzuführen gewesen. Besonders problematisch ist die Lage demnach in Australien und Lateinamerika. In Südasien gehört Luftverschmutzung durch schädliches Heizmaterial weiterhin zu den größten Risiken.
  • Weltweit starb 2010 einer von vier Menschen an einer Herzerkrankung oder einem Schlaganfall. Insgesamt waren 12,9 Millionen Menschen davon betroffen. 1990 waren es dagegen nur 9,9 Millionen Menschen. Das heißt, vor 20 Jahren starb nur einer von fünf Menschen daran.
  • Ein Blick auf die Weltkarte (siehe Fotostrecke) zeigt auch: In westlichen Nationen dominieren nicht-übertragbare Erkrankungen ("non-communicable diseases") wie Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Todesursache eindeutig, während auf Kontinenten wie Afrika oder in Entwicklungsländern mehr Menschen etwa durch Infektionserkrankungen sterben.
  • 2010 starben weltweit 8 Millionen Menschen an Krebs, 1990 waren es dagegen nur 5,8 Millionen Menschen.
  • Auch die Zahl der Erkrankungen mit direkter Todesfolge haben sich in den vergangenen Jahren drastisch geändert: 1990 starben noch 2,5 Millionen Menschen an Durchfallerkrankungen, 2010 waren es dagegen nur noch 1,4 Millionen Menschen. Ähnlich rückläufig ist die Zahl der Todesfälle durch Lungenerkrankungen (von 3,4 Millionen auf 2,8 Millionen) und durch Erkrankungen im Neugeborenenalter (von 3,1 Millionen auf 2,2 Millionen).
  • Die Zahl der Todesfälle durch HIV und Aids allerdings ist gestiegen: 1990 starben 300.000 Menschen durch HIV beziehungsweise Aids. 2010 waren es weltweit 1,5 Millionen Menschen. Allerdings gab es 2006 eine Spitze von 1,7 Millionen Menschen. Auch die Sterblichkeit bei Malaria hat sich in den vergangenen 20 Jahren um 19,9 Prozent erhöht. 2010 erlagen 1,17 Millionen Menschen einer Malaria-Infektion.
  • Todesfälle bei Kindern unter 5 Jahren sind im weltweiten Vergleich seit 1970 um 60 Prozent zurückgegangen. Die Forscher stellten aber auch fest, dass mehr junge und mittelalte Erwachsene an Krankheiten und Verletzungen sterben.

Auch bei den Krankheiten variierten die Gefahren in den unterschiedlichen Regionen der Welt stark, erklärte Majid Ezzati vom Imperial College London, der an dem Bericht mitgearbeitet hat. Neben der Weltgesundheitsorganisation WHO waren unter anderem Forscher vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der University of Washington und anderen Instituten weltweit mit der Auswertung beschäftigt. Es ist das erste Mal, dass ein Fachmagazin einer einzelnen Studie eine gesamte Ausgabe widmet.

"Insgesamt können wir eine wachsende Belastung für Risikofaktoren erkennen, die bei Erwachsenen zu chronischen Krankheiten führen, wie Krebs, Herzprobleme und Diabetes", sagte Ezzati. "Gleichzeitig sinkt der Druck durch Risiken, die mit Infektionskrankheiten bei Kindern in Verbindung gebracht werden." Das internationale Forscherkonsortium untersuchte bei der Auswertung der Daten aus dem Jahr 2010 insgesamt 235 Todesursachen und 67 gesundheitliche Risikofaktoren.

Gesundheitsprobleme im Zusammenhang mit Armut seien an den meisten Orten gesunken, zum Beispiel in Asien und Lateinamerika. In Afrika südlich der Sahara seien sie aber weiter die größte Sorge.

"Die gute Neuigkeit ist, dass wir sehr viel tun können, um die Gesundheitsrisiken zu reduzieren", sagte Ezzati. Im Kampf gegen Bluthochdruck etwas müsse der Salzgehalt von Lebensmitteln gesenkt und der Zugang zu frischem Obst und Gemüse verbessert werden. Mangelernährung sei in den vergangenen zehn Jahren weniger geworden. In Afrika sei dies sie aber weiterhin ein großes Problem.

cib/dpa
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