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Abnehmen: "Ich habe meine Sucht verlagert"

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34 Kilo in sieben Monaten "Meine Erkrankungen sind alle weg"

Übergewicht, Diabetes, Arthrose: Petra Marolts Gesundheitszustand war miserabel - sie beschloss, etwas dagegen zu tun. Innerhalb von sieben Monaten verlor sie 34 Kilo und entwickelte sich zur begeisterten Triathletin.
Zur Person
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Petra Marolt, Jahrgang 1965, nimmt seit Februar an einem Abnehm- und Trainingsprogramm für Fettleibige teil. Anfangs wog sie 111 Kilo und litt an Diabetes, Bluthochdruck und Arthrose. Nach sieben Monaten hat sie ihr Gewicht um 34 Kilo reduziert. Sie ist bislang bei drei Triathlon-Wettkämpfen gestartet. Ihr gesundheitlicher Zustand hat sich massiv verbessert.

SPIEGEL ONLINE: Frau Marolt, wie geht es Ihnen heute?

Marolt: Mir geht es super. Ich habe gerade den dritten Triathlon hinter mir und meine neue Leidenschaft entdeckt: Sport (lacht).

SPIEGEL ONLINE: Im Februar 2014 brachten Sie 111 Kilo auf die Waage. Wie war Ihr Gesundheitszustand damals?

Marolt: Sehr schlecht. Ich litt an Bluthochdruck, Diabetes und zu hohen Cholesterinwerten. Ich spritze mir regelmäßig Insulin und musste Tabletten einnehmen. Neun Stück pro Tag. Hinzu kamen Schmerzmittel gegen Rücken- und Knieschmerzen. Aufgrund meines Übergewichts hatte ich Arthrose in beiden Knien.

SPIEGEL ONLINE: Warum haben Sie nicht schon viel früher etwas gegen Ihr Übergewicht getan?

Marolt: Ich war nie die Dünnste. Aber erst in den letzten zehn Jahren habe ich so stark zugenommen. Das Problem war: Je mehr Gewicht ich mit mir herum trug, umso mehr schämte ich mich vor anderen Menschen. Ich fand ständig Ausreden, keinen Sport machen zu müssen. Es war mir unangenehm, schwitzend und keuchend wie ein Walross auf der Straße gesehen zu werden. So nahm ich natürlich noch mehr zu. Dass Hosen und T-Shirts immer enger wurden, verdrängte ich. Als mein Diabetes aber immer schlimmer wurde, merkte ich: Ich muss etwas ändern.

SPIEGEL ONLINE: Wie sind Sie dann vorgegangen?

Marolt: Im Februar 2014 habe ich mich für ein einjähriges Abnehm-Programm angemeldet. Unter der Aufsicht von Ärzten und Physiotherapeuten haben wir begonnen, gemeinsam Sport zu treiben. Ziel war der Frankfurt-Triathlon.

SPIEGEL ONLINE: Vom Nichtsportler zum Triathleten ist ein großer Sprung, oder nicht?

Marolt: Nein, das ist schon okay. Ich habe "nur" in der Hobbyklasse teilgenommen, also 400 Meter Schwimmen, zwölf Kilometer Rad und fünf Kilometer Laufen. Im Grunde schafft das jeder, aber gerade die Kombination der drei Disziplinen und dann noch mein anfängliches Übergewicht machten den Wettkampf zu einer Herausforderung.

SPIEGEL ONLINE: Wie ist das Trainingsprogramm abgelaufen?

Marolt: Die ersten drei Monate bestanden aus einer Fastenphase: Ich haben nichts gegessen, sondern nur Eiweißshakes zu mir genommen. Fünf Stück am Tag: morgens einen, mittags zwei, abends zwei.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben drei Monate lang keine feste Nahrung zu sich genommen?

Marolt: Genau. Für mich war das aber nicht schlimm. Ich habe mich nie schlapp gefühlt, auch wenn ich nur 800 Kalorien am Tag zu mir genommen habe. Sehr motivierend war natürlich der Gewichtsverlust: Pro Monat habe ich rund neun Kilo abgenommen.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben bislang 34 Kilo abgespeckt, in nur sieben Monaten. Haben Sie keine Angst vorm Jo-Jo-Effekt?

Marolt: Nein, schließlich habe ich mein Essverhalten grundlegend umgestellt. Ich weiß ganz genau, wie viel Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß ich am Tag essen soll und darf. Daran halte ich mich. Aufwendig ist das schon: Alles, was ich zu mir nehme, muss ich in Eiweiß-, Fett-, und Kohlehydrat-Punkte umrechnen. Das hilft aber zu kontrollieren, was und wie viel ich esse.

SPIEGEL ONLINE: Weil Ihnen das Gefühl fürs richtige Maß beim Essen fehlt?

Marolt: Ja. Ich habe früher nicht gegessen, wenn ich Hunger hatte, sondern einfach nur aus Langeweile. Jetzt habe ich zum Glück ein Mittel dagegen: Sport. Ich habe meine Sucht verlagert. Statt zu essen, bewege ich mich . Aber ich habe nicht vor, einen Ironman zu bestreiten. Ich bleibe lieber bei den kurzen Triathlon-Distanzen und Volksläufen.

SPIEGEL ONLINE: Wie konnten Sie bei so geringer Kalorienzufuhr überhaupt Sport treiben?

Marolt: Während der Kur habe ich kein hartes Training absolviert. Da ging es eher darum, Bewegung in den Alltag zu integrieren: Also die Treppen nehmen statt den Fahrstuhl , zur Arbeit laufen, statt mit dem Auto zu fahren. Richtiges Joggen und Triathlon-Training begannen erst später.

SPIEGEL ONLINE: Wie haben Sie sich bei Ihrem ersten Lauf gefühlt?

Marolt: Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, dass ich nicht mehr so dick bin. Früher bin ich immer nur Laufen gegangen, wenn es dunkel war. Aber durch den Triathlon hatte ich ja auch ein Ziel, das hat motiviert.

SPIEGEL ONLINE: Hatten Sie auch Momente, in denen Sie das Triathlon-Training am liebsten schwänzen wollten?

Marolt: (lacht). Oh ja! Vor jedem Wettkampf denke ich mir: Wieso mache ich das? Aber sobald ich durchs Ziel komme, bin ich wahnsinnig stolz und überlege schon, welchen Wettkampf ich als Nächstes machen will. Im Schwimmen und Radfahren bin ich gar nicht schlecht. Das Laufen fällt mir schwer, aber es wird besser.

SPIEGEL ONLINE: Hat es Ihnen geholfen, dass Sie das Programm nicht allein, sondern in der Gruppe absolviert haben?

Marolt: Ja, das hilft ungemein. Jeden Dienstagabend trifft sich die Gruppe: Wir machen zusammen Sport, kochen oder reden einfach. Wir diskutieren zum Beispiel mit Therapeuten über verschiedene Formen von Essstörungen und überlegen, wie wir vermeiden, da wieder reinzurutschen.

SPIEGEL ONLINE: Wie hat sich Ihr Leben durch den Sport verändert?

Marolt: Gesundheitlich geht es mir sehr viel besser. Meine Erkrankungen - Diabetes, Bluthochdruck, Knieschmerzen - sind alle weg. Ich brauche fast keine Medikamente mehr einzunehmen. Auch persönlich habe ich mich verändert. Früher zog ich mich oft in mein Schneckenhaus zurück. Jetzt gehe ich viel offener auf Leute zu. Neulich machte mir ein älterer Herr aus meinem Fitnessstudio sogar ein Kompliment. Er meinte, dass ich viel freundlicher bin als früher und eine völlig andere Ausstrahlung habe.

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Das Interview führte Julia Schweinberger