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Abnehmen durch Low-Carb Ciao Dolce Vita

Erst spielt die Waage verrückt. Dann der eigene Kopf. Nach dem Schock ist klar: Einige Kilos müssen runter. Nur wie? Freunde berichten von sensationellen Erfolgen mit der Low-Carb-Diät.
Auf der Waage: Wer sich länger nicht wiegt, kann eine Überraschung erleben

Auf der Waage: Wer sich länger nicht wiegt, kann eine Überraschung erleben

Foto: Corbis

Ein Freund war die Waage noch nie. Nun war sie mein Feind. Die Anzeige schrammte an der unteren Grenze zur Dreistelligkeit. Und damit meine ich nicht die Nachkommastelle. Zwei Jahre lang hatte ich mich nicht mehr gewogen. Hatte mehr Widerstand wagen wollen. Nun der Schock: zwölf Kilo mehr.

Die Verzweiflung kam prompt. Warum? Mache ich nicht zweimal die Woche Sport, habe kein Auto, fahre nur Rad, meide Fast Food, esse wenig Fleisch? Die Welt ist ungerecht, ja. Aber kann man nicht wenigstens von seinem eigenen Körper etwas Gerechtigkeit erwarten?

Sicher alles Muskeln, beruhige ich mich. Es kann doch kein Zufall sein, dass die Gewichtszunahme zeitlich mit meinem Engagement im Fitnessstudio zusammenfällt. Und dann die Knochen - sie müssen mit den Muskeln mitgewachsen sein. Das wiegt.

Das Merkwürdige daran: Meine Gewichtszunahme scheint niemandem aufgefallen zu sein. Jeder, dem ich davon erzähle, ist genauso ratlos wie ich. Gut, ich habe ein wenig Bauch bekommen, aber zwölf Kilo kann man damit nicht erklären. Habe ich etwa verstecktes Viszeralfett angelegt, das als besonders gefährlich gilt? Man kann aussehen wie Gisele Bündchen - am Ende zählen trotzdem die inneren Werte .

Wie verteilt sich das Gewicht?

Ich brauche mehr Details. Die Analysefunktion der Waage zeigt: 25,4 Prozent Fett, 38,8 Prozent Muskeln, 55,1 Prozent Wasser, 14,2 Prozent Knochen.

Immerhin: Wasser und Muskeln führen - aber wie lange noch? Ein Blick in diverse Tabellen verrät mir, dass ich mit 25,4 Prozent Fettanteil für einen Mann Anfang 40 etwa da stehe, wo sich der HSV gerade befindet: am Rand des Klassenabstiegs. Ideal wäre ein Wert von 15. Mehr Grund zur Freude bereitet mir mein Muskelanteil. Hier habe ich mich verbessert und liege nur noch leicht unter dem Schnitt von etwa 40 Prozent. Fünf der zwölf zusätzlichen Kilos kann ich bestimmt darauf verbuchen. Wenn ich noch ein Kilo für Knochenwachstum draufschlage und ein weiteres auf Messungenauigkeiten und Altersbonus verbuche, ist das Ziel klar: 90 Kilo. Der Klassenerhalt.

Nur wie schaffe ich das? Ich könnte meine alljährliche Fastenkur machen, das würde fünf Kilo bringen, aber die futtere ich mir danach immer wieder drauf. Ich brauche eine nachhaltige Lösung. Da fällt mir ein, dass mein Kumpel Andi in letzter Zeit deutlich schlanker geworden ist. "Ich mache seit letztem Sommer Low-Carb", erzählt er mir. "Sieben Kilo habe ich schon geschafft." Ein Freund von ihm habe damit in einem Jahr sogar 25 Kilo verloren. Ich kann das kaum glauben. Aber ganz viele Freunde erzählen mir von ihren Low-Carb-Erfahrungen und -Erfolgen.

"Protein ist Pop"

Mir war Low-Carb bisher als spinnerte Steinzeit-Diät bekannt. Die Argumentation ist so simpel wie die Welt des Neandertalers: Das Urmenschen-Menü bestand aus Fleisch und Beeren. Unser Stoffwechsel ist evolutionär also nicht auf Nutella, Croissants und Pasta vorbereitet. Bekommt er Stärke und Zucker im Übermaß, denkt er, dass er für die nächste Eiszeit vorsorgen muss. Stärke ist Schwäche, sagen die Low-Carb-Apologeten. Protein ist Pop.

Die Wissenschaft ist bei Low-Carb uneins, Studien bescheinigen eiweißreichen, kohlenhydratarmen Diäten bessere Erfolge als fettarmen . Allerdings gibt es auch Kritik. Bei einer Untersuchung mit 40.000 schwedischen Frauen zeigte sich vor zwei Jahren, dass Low-Carb ihr Herzinfarktrisiko steigerte - vermutlich wegen des hohen Fleischkonsums, vor dem Ernährungswissenschaftler immer wieder warnen.

Aber ich habe ja nicht vor, bis an mein Lebensende nur noch Köttbullar zu essen. Ich will das Ganze ein paar Monate lang ausprobieren und sehen, ob ich damit einige Kilos verlieren kann.

Vor allem abends keine Kohlenhydrate

Trotzdem finde ich, auch nur für ein paar Monate ständig Fleisch essen zu müssen, nicht berauschend. Ernährt sich Andi wirklich nur noch von Steak und Salat? Er schüttelt den Kopf: "Morgens gönne ich mir ein Müsli, ein paar Kohlehydrate müssen schon sein." Mittags in der Kantine lasse er einfach die Beilagen weg, kein Reis, keine Kartoffeln, keine Nudeln mehr. Kritisch seien die Abendstunden: "Da achte ich sehr darauf, kaum oder gar keine Kohlenhydrate mehr zu essen." Und wenn der kleine Hunger kommt? "Dann esse ich Mozzarella mit Tomaten. Oder ein Schinkenröllchen." - "Pur?", frage ich. "Pur", sagt Andi.

Uff. Kein Brot, keine Kartoffeln, kein Reis mehr. Klingt nicht verlockend. Vor allem Brot werde ich sehr vermissen. Aber das ist für mich immer noch besser als ständiges Hungern müssen wie bei "FdH", Friss die Hälfte. Und Low-Carb heißt ja vor allem auch: Schluss mit Alkohol und Schokolade - genau meine neuralgischen Punkte. Wenn ich abnehmen will, werde ich beides ohnehin drastisch herunterfahren müssen. Dann kann ich auch gleich noch auf weitere überflüssige Kohlenhydrate achten. Das Dolce Vita ist jetzt erst mal vorbei.


Werde ich mit Low-Carb wirklich abnehmen? Oder werde ich aggressiv? Das werden Sie hier demnächst erfahren. In der Zwischenzeit können Sie mir ja von Ihren Erfahrungen berichten. Schreiben Sie mir an post@lubbadeh.de.

VERSTECKTES BAUCHFETT UND LOW-CARB - FRAGEN AN DEN EXPERTEN

Wie aussagekräftig ist der BMI?Können auch schlanke Menschen zu viel Fettpolster haben?Wie gut wirkt die Low-Carb-Diät?

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