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Evolutionäres Upgrade: Das ist das iPhone 5

Foto: Matthias Kremp

iPhone 5 im Test Apples sanfte Revolution

Nur ein langweiliges Update oder eine aufregende Innovation? Das fragten sich viele nach der Präsentation des neuen iPhone 5. Was aber bringen der größere Bildschirm, das dünnere Gehäuse und der schnellere Prozessor? Die Antworten gibt unser Praxistest.

Langweilig. Das ist der Begriff, den ich im Zusammenhang mit der Präsentation des iPhone 5 am häufigsten gehört habe. Und ja, das war nicht besonders aufregend, was Apple am 12. September zeigte. Die Eckdaten und das Design waren schließlich schon vorher bekannt.

Allerdings verändert sich die Wahrnehmung, wenn man die sechste Version des Apple-Handys eine Woche lang benutzt hat.

Das fing schon an, als ich mit meinem Testgerät die Sicherheitskontrolle am Londoner Flughafen passieren wollte. Mit scharfem Blick inspizierte eine Kontrolleurin das Gerät: "Ist das das Neue?" Ihren Kollegen gab sie per Handzeichen zu verstehen, dass sie doch auch mal schauen sollen. Sekunden später folgte ein halbes Dutzend erstaunter Augenpaare dem schwarzen Gerät bei seiner Fahrt in den Sicherheitsscanner.

Jeder will es sehen, jeder anfassen, jeder ausprobieren. Das gilt für das iPhone 5 genau wie für seine Vorgänger.

Aber damit war es das dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Gegenüber dem iPhone 4S ist Nummer fünf schlanker geworden, leichter und gleichzeitig größer. Allerdings nur so viel, dass es immer noch prima in die Hosentasche flutscht und mit einer Hand bedienbar bleibt. Und es ist eben nicht aus Plastik, sondern aus Aluminium und Glas. Eine Kombination, die sich auch als Leichtgewicht noch gut anfühlt.

Ungewohnt ist die neue Platzierung der Kopfhörerbuchse am Boden des Gehäuses. Für sie musste der alte Anschluss dem viel kleineren Lightning Connector weichen. Das nervt erst einmal: Ich kann das neue iPhone weder in meine Ladestation noch in meine gute alte Boombox einstecken. Aber das ist der Preis, den man für Apples Fortschritt zahlen muss. Für mich werden die Schmerzen gestillt sein, wenn Apple im Oktober endlich den Adapter auf den alten, 30-poligen Anschluss liefern kann.

Online-Navi mit Tomtom-Technik

Eine ganz andere Überraschung ist die neue Karten-App, mit der Apple Google Maps ersetzt. Sie ist sehr schnell und bietet eine erstaunliche Informationsvielfalt. Sie zeigt U-Bahnhöfe, Arztpraxen, Restaurants und viele weitere ortsbezogene Daten an. Zu einer Konditorei etwa wurde mir nicht nur die Entfernung berechnet, ich bekam außerdem Fotos, Postadresse, Telefonnummer und Homepage sowie Bewertungen der Online-Plattform Yelp angezeigt. Auch aktuelle Baustellen und sogar tageszeitabhängige Straßensperrungen werden eingeblendet.

Als ich die Navigationsfunktion ausprobierte, musste ich staunen. Apple verlässt sich auf Technik des Navi-Herstellers Tomtom. Eine von mir angefragte Route wurde sekundenschnell in drei Varianten berechnet. Den Weg zum Ziel wiesen mir neben der gut strukturierten Karte gesprochene Anweisungen, wie ich sie von teuren Navi-Apps kenne. Schade, dass es noch keine Autohalterungen für das iPhone 5 gibt. Schade auch, dass eine Routenplanung mit Zwischenstopps fehlt. Wer so etwas braucht, muss immer noch zu kostenpflichtigen Apps greifen. Dasselbe gilt für Fahrten ins Ausland, denn das Telefon lädt die Kartendaten aus dem Netz, was beim Roaming schnell teuer wird.

Schnell vs. schnell genug

Als Highlight des iPhone 5 bewirbt Apple den LTE-Datenfunk. Und wirklich: Mit LTE im Web zu surfen, macht Spaß. Manche Websites erscheinen quasi augenblicklich auf dem Bildschirm. Daran dürfte aber auch der neue, schnellere A6-Prozessor seinen Anteil haben, der aus den geladenen HTML-Daten lesbare Websites berechnen muss.

Bei meinen rund 20 Messungen im Hamburger Stadtgebiet wies mir die Test-App Speedtest.net im Netz der Telekom Downloadraten von bis zu 42 Mbit/s aus. Gefühlt war das sehr schnell - und doch zu langsam. Apple und Telekom versprechen bis zu 100 Mbit/s. Vergleichsmessungen mit ausgeschaltetem LTE erbrachten an denselben Orten immer noch Durchsatzraten von bis zu 20 Mbit/s.

Vom Surfgefühl war für mich kaum ein Unterschied zwischen LTE und dem bislang schnellsten Standard HSPA spürbar. Ausgerüstet mit HSPA+ und DC-HSPA kommt man sicher auch in den Netzen von Vodafone und O2 zu einem Highspeed-Surfgefühl, wenngleich denen die Verheißung des turboschnellen LTE fehlt. Ausprobieren konnte ich das freilich nicht, da mir zum Testzeitpunkt einzig von der Telekom eine der neuen Nano-Sim-Karten vorlag, die man für das iPhone 5 braucht. Die älteren Micro-Sims funktionieren damit nicht.

Mittelklasse-Panorama

Wenig aufregend sind die Neuerungen an der 8-Megapixel-Kamera des iPhone 5. Im Grunde handelt es sich um dasselbe Modell wie bei iPhone 4S. Schneller ist auch sie geworden, weil der A6-Chip fixer ist als der A5. Klar verbessert hat sich das Rauschverhalten bei schlechter Beleuchtung, aber das ist eine Software-Funktion.

Neu hinzugelernt hat die Kamera die Möglichkeit, während einer Videoaufnahme auch Standbilder in voller Auflösung zu knipsen. Selbst billige Camcorder können das allerdings schon seit Jahren. Interessant ist die Panoramafunktion, mit der man auf Knopfdruck Bilder über einen Blickwinkel von bis zu 240 Grad schießen kann. Das funktionierte im Test auch sehr gut, taugt aber nur für einfache Panoramen. Wer mehr Kontrolle über Bildqualität, -format und -ausschnitt haben will, sollte weiterhin Apps wie AutoStich benutzen.

Mehr als doppelt so schnell

Zu den Vorzügen des iPhone 5 gehört die Kompatibilität: Via iTunes konnte ich den gesamten Inhalt eines alten Apple-Handys auf das neue übertragen. Von den rund 250 Apps, die dabei das Lager wechselten, lief nach einer ausführlichen Stichprobe nur eine einzige (Weather HD) nicht auf dem neuen Gerät.

Außerdem bietet das Betriebssystem iOS 6 reihenweise Neuerungen, von denen mir ein paar besonders aufgefallen sind:

  • Der sprachgesteuerte Assistent Siri kann jetzt auch twittern und Sportergebnisse heraussuchen.
  • Eltern können in den iPhones ihrer Kinder genauer einstellen, was sie damit tun und was sie nicht tun dürfen.
  • Per Fotostream kann man seine Fotos jetzt auch mit Freunden teilen, denen die Schnappschüsse direkt aufs Handy geladen werden.
  • Um Bluetooth ein- und auszuschalten, ist jetzt ein Klick weniger nötig.

Ulkigerweise werden jene, die sich ein iPhone 5 vorbestellt haben, länger auf diese Funktionen warten müssen, als Besitzer älterer iPhones. Die neue Software steht für iPhone 3GS, 4 und 4S bereits ab dem 19. September, zwei Tage vor dem iPhone-5-Verkaufsbeginn, zum kostenlosen Download bereit.

Wie auf dem neuen Apple-Handy wird sich die Software auf den älteren Geräten aber kaum anfühlen - was zum einem dem größeren, höher auflösenden Bildschirm, zum anderen dem neuen A6-Chip geschuldet ist, aus dessen Daten Apple ein großes Geheimnis gemacht hat. Mit rund einem GHz ist der Doppelkern-Prozessor getaktet, der auf ein GB Arbeitspeicher zugreift. Bei Geekbench, einem Testprogramm zum Vergleichen von Hardware, bei dem verschiedene Berechnungen in schneller Folge durchgeführt werden, erreichte er bei uns 1607 Punkte. Das ist zwar etwas weniger als Samsungs Galaxy S III (1750 Punkte) aber deutlich mehr als doppelt so viel wie ein iPhone 4S (632 Punkte).

Aber ganz abseits dieser Zahlen stellt sich nach einer Woche mit dem iPhone 5 bei mir ein ähnliches Gefühl ein wie ich es 2007 hatte, als ich das erste iPhone testete: Zuerst fühlte es sich neu und ungewohnt an, nach wenigen Tagen aber schon sehr vertraut.

Korrektur: In einer früheren Fassung dieses Texts war der Geekbench-Wert des Galaxy S III mit 1600 Punkten angegeben. Dieser Wert bezog sich auf unser Testgerät. Im Mittel liegen die Geekbench-Werte aber bei 1750 Punkten. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.

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