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kicker.tv

DFB-Elf Löw macht den Kader dicht

Die DFB-Elf ist noch nicht einmal für die WM in Brasilien qualifiziert, doch der Kader für das Turnier steht schon so gut wie fest. Joachim Löw setzt auf bedingungslose Offensive. Für Experimente gibt es kaum Spielraum.

Es sind noch genau 300 Tage. 300 Tage bis São Paulo, bis zum Eröffnungsspiel des WM-Turniers 2014. In 300 Tagen kann normalerweise viel passieren: Regierungen können wechseln, Despoten stürzen, Mauern fallen.

Nur der deutsche WM-Kader wird sich nicht mehr verändern.

Wenn Bundestrainer Joachim Löw sein Team am Mittwochabend gegen Paraguay in Kaiserslautern aufs Feld schickt (20.45 Uhr ZDF, Liveticker SPIEGEL ONLINE), dann dominieren wie selbstverständlich die alten Bekannten. Lazio-Stürmer Miroslav Klose, der nicht umsonst in der Ewigen Stadt spielt, der unvermeidliche Lukas Podolski (FC Arsenal) und all die anderen, die sich seit 2010, spätestens 2012 ins Team gespielt haben. Allein Klose und Podolski kommen zusammen auf 237 DFB-Einsätze. Ende nicht in Sicht.

Die deutsche Nationalmannschaft ist zwar kein Closed Shop, auf diese Feststellung legt Löw großen Wert, aber rund zehn Monate vor dem Turnier sind fast alle Plätze im Aufgebot vergeben. Löw hat vor der Paraguay-Partie explizit zum "Einspielen von Automatismen" aufgerufen. Automatismen - die übt man nicht mit Leuten ein, die von außen kommen.

19 von 23 können schon die Koffer für Brasilien packen

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DFB-Kader: (Fast) geschlossene Gesellschaft

Foto: Thorsten Wagner/ Bongarts/Getty Images

23 Spieler kann der Bundestrainer mit zur WM nach Brasilien nehmen - immer vorausgesetzt, der sehr wahrscheinliche Fall tritt ein, dass das Team sich auch tatsächlich qualifiziert. 23 Spieler - und mindestens 19 davon kann jeder Fußballfan in Deutschland schon im Schlaf dahersagen.

Manuel Neuer im Tor, Philipp Lahm, Marcel Schmelzer, Mats Hummels, Per Mertesacker, Jérôme Boateng in der Abwehr, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller, Toni Kroos, Ilkay Gündogan, Sami Khedira, Mesut Özil, Marco Reus, Lukas Podolski, André Schürrle, Julian Draxler, Mario Götze in Mittelfeld und Offensive, Miroslav Klose und Mario Gomez als klassische Angriffspieler.

Hinzu kommen noch einige Defensiv-Allrounder: Etwa Benedikt Höwedes, die Bender-Zwillinge oder Marcell Jansen. Und im Hintergrund lauert noch der langzeitverletzte Münchner Holger Badstuber, einer von Löws Lieblingsspielern. Darüber hinaus steht noch der Hamburger René Adler als zweiter Torwart parat - dann ist der Kader schon bei der Zahl 21 angelangt.

Es bleiben zwei kümmerliche Plätze übrig, um die der Konkurrenzkampf in der Bundesliga ausgetragen wird. Eine Planstelle ist dabei für den dritten Keeper reserviert - den Hannoveraner Ron-Robert Zieler, den Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen oder doch den von vielen in der Öffentlichkeit geforderten Dortmunder Routinier Roman Weidenfeller, den Löw nominieren könnte, um die Volksseele zu beruhigen.

Der allerletzte dann noch freie Job wird wohl an einen Stürmer vergeben als Backup für Klose und Gomez. Und das ist dann auch schon der gesamte Spannungsbogen, der sich um den 2014er-Kader aufbaut.

Kruse hat noch gute Aussichten

Aber auch hier hat Löw seine Prioritäten schon mehr als angedeutet. So sehr, wie er den Neu-Gladbacher Max Kruse in den vergangenen Tagen herausgestrichen hat, wird der Stürmer, hält er seine Form, nominiert. "Er ist neu zu uns gekommen und hat mich sofort überzeugt", lobte Löw. Kruse stehe "ganz nah direkt hinter den beiden arrivierten Stürmern", ergänzte der Bundestrainer und konnte sich deswegen sogar erlauben, den zuletzt konsequent totgeschwiegenen Stefan Kießling von Bayer Leverkusen en passant einmal positiv zu erwähnen: "Er hat ja zuletzt viele Tore gemacht." Zur Erinnerung: Kießling war der Torschützenkönig der Liga in der abgelaufenen Spielzeit.

Die Löw-Kritiker werden darin wie schon 2012 ein zu starkes Übergewicht der Offensive ausmachen und damit wahrscheinlich sogar recht haben. Aber der Bundestrainer sieht keinen Grund für einen Kurswechsel: "Ich liebe es über alles, offensiv zu spielen. Von dieser Linie werde ich nie abgehen." Er habe diese Mannschaft genau deswegen so zusammengestellt, "drei Jahre lang haben wir darauf hingearbeitet, das Offensivspiel zu entwickeln", da wird er jetzt keine Rolle rückwärts mehr vollziehen.

Die Offensivleute müssten, so Löw, eben daran denken, auch nach hinten abzusichern, sich nicht am gegnerischen Strafraum auszuruhen, wenn der Ball mal in die eigene Hälfte wandere, "da müssen wir auch in der Ausbildung der jungen Leute mehr ansetzen". Das Erfolgsgeheimnis müsse lauten: "Defensiv gut stehen, ohne aber einen Catenaccio aufzuziehen" - den berühmten Abwehrriegel, den die italienischen Verteidigungskünstler in den sechziger und siebziger Jahren perfektioniert hatten.

Catenaccio - das ist mit den Schürrles, Özils und Götzes wahrlich nicht zu machen. Und andere will der Bundestrainer nicht. Er hat diese Mannschaft zusammengestellt. Er sieht keinen Grund mehr für Umbaumaßnahmen.