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Übergewicht Deutschlands Schulanfänger haben abgespeckt

Deutschlands Kinder werden immer dicker - dieser Trend schien unaufhaltsam. Jetzt gibt es einen Hoffnungsschimmer: Der Anteil übergewichtiger Erstklässler ist in den meisten Bundesländern überraschend gesunken. Dennoch geben Kinderärzte keine Entwarnung.
Erstklässlerinnen in Bayern: Anteil übergewichtiger Schulanfänger ist gesunken

Erstklässlerinnen in Bayern: Anteil übergewichtiger Schulanfänger ist gesunken

Foto: Frank Leonhardt/ picture alliance / dpa

Berlin - Deutschlands Schulanfänger werden wieder leichter. Erstmals scheint der langjährige Trend gebrochen, dass immer mehr Erstklässler übergewichtig sind, berichtete die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) an diesem Mittwoch. In fast allen 16 Bundesländern seien die Zahlen für Übergewicht und Fettleibigkeit zurückgegangen, sagte Anja Moß von der Universitätsklinik Ulm. Die Forscher hatten Schuleingangsdaten von mehr als 600.000 Kindern ausgewertet. Die Ärzte verglichen dabei nahezu flächendeckend die Ergebnisse von 2004 und 2008.

Die Definition von Übergewicht und Fettsucht ist bei Kindern etwas komplizierter als bei Erwachsenen. Als Basis für die aktuellen Daten diente eine Studie aus dem Jahr 2001 , welche die Verteilung des Body-Mass-Index (BMI) bei Mädchen und Jungen ermittelt hatte. Die zehn Prozent der Kinder, die damals den höchsten BMI hatten, wurden als übergewichtig definiert, die obersten drei Prozent als fettsüchtig. Der Vergleich der Jahre 2004 und 2008 führte zu folgenden Ergebnissen:

  • 2008 waren je nach Bundesland 8,4 bis 11,9 Prozent der Schulanfänger übergewichtig. Am geringsten war der Anteil Übergewichtiger in Bayern, Brandenburg und Sachsen. Am höchsten war er in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.
  • 2004 waren dagegen zwischen 9 und 13,6 Prozent der Schulanfänger übergewichtig gewesen, mit dem geringsten Wert in Bayern und dem höchsten in Mecklenburg-Vorpommern.
  • Fettsüchtig waren bei der Einschulung 2008 zwischen 3,3 und 5,4 Prozent der Kinder. 2004 war das noch bei 3,6 bis 6,1 Prozent der Erstklässler der Fall gewesen.

Der Anteil der Übergewichtigen zwischen 2004 und 2008 ging also um bis zu drei Prozent zurück. Die Zahl der Fettleibigen sank um bis zu 1,8 Prozent. Lediglich in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg war noch keine Trendwende sichtbar; die Zahlen stiegen dort weiter leicht an.

Noch gebe es keinen Grund zur Entwarnung, meinen die Kinderärzte. Mit wenigen, längst bekannten Methoden könne man der Entstehung von Übergewicht vorbeugen. Dazu zähle, auf zuckerhaltige Getränke und Fast Food möglichst zu verzichten. Mehr Bewegung im Alltag verbunden mit einem gesenkten Medienkonsum sei ebenfalls wirksam. Wichtig sei dabei die Vorbildfunktion der Eltern, betonen die Mediziner.

Martin Wabitsch von der Ernährungskommission der DGKJ sieht weiterhin Bedarf an wissenschaftlich abgesicherten Vorsorgeprogrammen. Denn der Anteil übergewichtiger oder fettsüchtiger Schulanfänger sei in Deutschland nach wie vor auf einem hohen Niveau. Seit Mitte der achtziger Jahre sei ein steigender Anteil übergewichtiger Kinder dokumentiert. Die Forscher betonen allerdings, dass der Trend nur Erstklässler betreffe. Rückschlüsse auf ältere Kinder und Jugendliche seien nicht möglich.

Die Daten zeigen auch nicht, welche Vorsorgeprojekte in Kindertagesstätten oder Kinderarztpraxen die besten Erfolge brächten, ergänzte Wissenschaftlerin Moß. "Wir wissen aber, dass zum Beispiel Berlin sehr viel tut. Das ist längst nicht in allen Ländern so." Erst vor wenigen Tagen waren die Berliner Ergebnisse der jüngsten Schuleingangsuntersuchungen veröffentlicht worden. Demnach sank in der Hauptstadt die Quote der übergewichtigen Schulanfänger 2011 erneut.

Ein bundesweiter Vergleich der Einschulungsdaten war bislang schwierig, weil die Erhebungs- und Dokumentationsmethoden von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind.

wbr/dpa
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