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Saturnmond Enceladus: Kosmische Gieskanne

Foto: DPA / NASA / JPL / SSI

Mond Enceladus Geheimnisvolle Fontänen wässern den Saturn

Eisige Fontänen vom winzigen Mond Enceladus besprühen die Gashülle des Saturn. Das belegen aktuelle Messungen des europäischen Weltraumteleskops "Herschel". Wasser, das nicht in der Stratosphäre des Planeten landet, verschwindet auf Nimmerwiedersehen im All.

Wer den winzigen Saturnmond Enceladus nach seiner Größe beurteilt, der irrt. Zwar beträgt dessen Durchmesser kaum 500 Kilometer - doch der Einfluss des Zwergs reicht weit ins Saturnsystem. Seit 2004 rast die Raumsonde "Cassini" immer wieder an dem Mini-Mond vorbei. Ihre Fotos zeigen eine Unruheprovinz auf dem kleinen Himmelskörper: Aus Bodenrissen am Südpol schießen Fontänen aus Wasserdampf und Eispartikeln kilometerhoch ins All.

Das Orbit von Enceladus liegt im sogenannten E-Ring des Saturn. Dieser von der Erde kaum sichtbare Ring wird durch das Eis aus den Fontänen gespeist, das hat "Cassini" bereits vor längerem nachgewiesen. Nun nahm auch das "Herschel"-Teleskop der Esa die Umgebung des Enceladus ins Visier - und dabei gelang eine bizarre Entdeckung: Die Fontänen des Enceladus wässern den Saturn.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse publizierte ein Forscherteam aus Europa und den USA nun im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics" . Danach spuckt Enceladus pro Sekunde rund 250 Kilogramm Wasserdampf aus. Der Dampf sammelt sich in einem riesigen Reifen, fünfmal größer als Saturn selbst. Trotz seiner Größe, ist dieser sogenannte Torus nur schwer nachweisbar - weil der Dampf im Bereich des sichtbaren Lichts transparent ist. Für die Infrarot-Augen des "Herschel"-Teleskops ist das jedoch kein Problem.

Irrfahrt durch das Reich der Ringe

Das meiste Wasser vom unruhigen Enceladus-Südpol verschwindet auf Nimmerwiedersehen ins All oder es gefriert in den Saturnringen. Vielleicht können es kleine Mengen zu anderen Monden schaffen. Modellrechnungen, mit denen die Autoren die "Herschel"-Beobachtungen auswerten, zeigen jedenfalls, dass bereits drei bis fünf Prozent des Wasserausstoßes von Enceladus reichen, um die Dampfmengen in Saturns oberer Gashülle zu erklären.

Die Irrfahrt des Wassers endet schließlich in tieferen Schichten der Atmosphäre, wo es zu Tröpfchen kondensiert - für eine sichtbare Wolkenbildung dürften die Mengen jedoch zu klein sein. "Auf der Erde gibt es nichts Vergleichbares", sagt sich Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung bei Göttingen. "In unsere Atmosphäre gelangen keine nennenswerten Wassermengen aus dem All. Das ist eine Eigenheit Saturns."

Mit seinem 3,6-Meter-Spiegel ist das "Herschel"-Teleskop der Esa das größte Fernrohr im Weltall; es wurde 2009 gestartet. Bei der Wassersuche stützt es sich vor allem auf das HIFI-Instrument ("Heterodyne Instrument for the Far-Infrared"). Das komplexe Gerät, an dessen Konstruktion zwei Dutzend Institute beteiligt waren, gilt als das empfindlichste je gebaute Infrarot-Spektrometer. Die Forscher wollen damit insbesondere klären, wie der Wasserdampf in die Stratosphären der Gasplaneten gelangt, denn: "Eigentlich müssten diese Schichten knochentrocken sein", erläutert Paul Hartogh, der die Wassersuche Herschels im Sonnensystem leitet.

Doch Messungen des europäischen Infrarotsatelliten "Iso" ("Infrared Space Observatory") zeigten bereits 1997, dass es in Saturns Luft durchaus Wasser gibt. Nun dürfte auch dessen Quelle geklärt sein. Ein bisschen Glück war bei dem Fund übrigens auch im Spiel, wie Forscher Hartogh erklärt: "Bei unseren Beobachtungen schauten wir stärker auf die Kante des Torus, das war viel günstiger als bei den Beobachtungen in den neunziger Jahren."

Wie die Kugel einer Kalaschnikow

Doch wieso jagt der Zwergenmond überhaupt Fontänen ins All? Ein Forscher-Team um Frank Postberg meldete kürzlich im Wissenschaftsmagazin "Nature", an einem See unter dem Enceladus-Eis bestünden kaum noch Zweifel. Der Heidelberger Physiker hatte Daten des Staub-Instruments Cassinis ausgewertet. "Die einzig plausible Erklärung sind große Vorkommen von Salzwasser unter der Oberfläche", folgert Postberg. Demnach befindet sich das Wasser zwischen der Eiskruste und dem Gesteinskern des Mondes.

"Cassini"-Messungen zeigten außerdem, dass die Südpolregion viel wärmer ist als die umliegende Eiswüste. Die Wärme kommt aus dem Inneren. Rund 80 Kilometer unter einem seltsamen Muster aus Rissen - Experten sprechen von den Tigerstreifen - ist die Temperatur vermutlich noch deutlich höher und das Eis geschmolzen. Dort löst das Wasser Salze aus dem Gestein. Diese gelangen zusammen mit dem Wasser ins All, wenn durch Klüfte im Eis eine Verbindung mit dem Vakuum des Alls entsteht.

Schockartig gefroren reißt der Sog alles mit nach oben. Schneller als die Kugeln einer Kalaschnikow schießen Eis und Dampf ins All. Noch rätseln die Forscher, woher der sonnenferne Mond die nötige Wärme erhält. Vermutlich spielen Gezeitenkräfte des Saturns eine Rolle, sowie die Zerfallswärme radioaktiver Elemente im Enceladus-Kern.

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