Rewe: Erfolgreiche Eigenmarke:Ja! Die erste Antwort auf Aldi

Vielfalt ist das Prinzip: Abgesehen von Alkohol und Zigaretten gibt es wenig, was es unter der Handelsmarke "Ja!" nicht gibt. Der Handelskonzern Rewe verkauft seit 28 Jahren Produkte unter eigenem Namen und greift damit Discounter wie Aldi an.

Daniela Winderl

Es gibt Momente, in denen das Wörtchen Nein unangebracht ist. Vor dem Traualtar zum Beispiel. Marcus Haus bekommt öfters Post von Brautpaaren in die Kölner Rewe-Zentrale. Sie schreiben dann so etwas ähnliches wie "Danke, Ja!", und meistens liegt auch ein Foto bei.

Rewe: Erfolgreiche Eigenmarke: Verkäuferin räumt Milch der Marke "Ja!" ins Kühlregal. Rewe will den Kunden auch Qualität zum Discountpreis bieten.

Verkäuferin räumt Milch der Marke "Ja!" ins Kühlregal. Rewe will den Kunden auch Qualität zum Discountpreis bieten.

Darauf sieht er dann eine Braut, die einen Strauß aus Ja!-Produkten in den Händen hält. Oder einen Bräutigam, der das Markenlogo auf das T-Shirt gedruckt hat. Haus freut sich über so etwas. Weil es zeigt, dass er und seine Vorgänger bei der Marke vieles richtig gemacht haben.

Seit 2006 ist Haus als Marketingchef für die hausälteste Eigenmarke der Handelskette Rewe verantwortlich. Von Ja! gibt es Taschentücher, Müsli und Hundekaustäbchen; an die 400 Produkte sind es insgesamt. Oder andersherum: Abgesehen von Alkohol und Zigaretten gibt es wenig, was es nicht gibt. Vielfalt ist das Prinzip, das die Handelsmarke groß gemacht hat.

Der Marktstart war eher bescheiden

Sie bietet billige Alternativen zu teuren Markenprodukten, und das seit bald 30 Jahren. Laut einer Studie ist Ja! die stärkste Eigenmarke im deutschen Handel. Und ihre Geschichte erzählt auch ein bisschen davon, wie sich die Machtverhältnisse im hiesigen Supermarktregal verschoben haben.

Der Marktstart von Ja! war 1982 mit gerade einmal 28 Produkten eher bescheiden. "Es ging darum, mit Ja! Kunden zu Rewe zu holen, die sonst beim Discounter einkaufen", sagt Haus. Damals war es vor allem Billigkonkurrent Aldi, der den großen Ketten Sorgen machte - und sein Geschäft hauptsächlich mit eigenen Marken.

Vor Aldi gab es nur die Kekse von Bahlsen oder die Bonbons von Storck, und die standen bei den Supermärkten in den Regalen. Dann kam der Discounter, der auf die Namen der bekannten Hersteller verzichtete und auf billige Eigenmarken setzte. Die übrigen Händler reagierten auf die neue Situation erst, als zusehends Kunden ausblieben. "Wir wollten eigene Anreize im Preiseinstiegssegment schaffen", erklärt Haus in bestem Marketingdeutsch. Sprich: Rewe wollte den Kunden auch Qualität zum Discountpreis bieten.

Rezepturen unterscheiden sich nur marginal

Zwischen zehn und 30 Prozent sind Eigenmarken billiger als Industriemarken. An den eigenen Marken verdienen die Händler trotzdem weitaus mehr als am Verkauf prominenter Markenprodukte. Die Methode ist die gleiche wie beim Discounter: Produziert werden die Artikel entweder direkt bei großen Markenherstellern - die so Reserven in der Produktion ausschöpfen - oder anderen Lieferanten.

Die Rezepturen unterscheiden sich manchmal nur marginal von denen der Markenprodukte. Große Bestellmengen bringen Einsparungen, und die Führung der Marke ist billiger, weil normalerweise nicht für einzelne Produkte Werbung geschaltet wird.

Rewe brachte mit Ja! die erste Antwort auf Aldi, anschließend folgten immer mehr Handelsmarken: Edeka etwa lancierte Gut und Günstig, Real TiP. Die meisten Ketten haben heute sogar mehrere Eigenmarken im Regal. Auch solche, die edler wirken und damit weniger dem Discount als den namhaften Marken Konkurrenz machen. Mehr als zwanzig Prozent des Geschäfts macht die Rewe-Gruppe derzeit mit Eigenmarken. In zwei Jahren sollen es 30 Prozent sein. Zum Vergleich: Bei Aldi sind es 90 Prozent.

Ja! lebe von der Glaubwürdigkeit, die sich Eigenmarken über die Jahre erarbeitet haben, sagt der Handelsexperte und Unternehmensberater Ulrich Eggert. Die meisten Verbraucher glauben Studien zufolge, dass die Eigenmarken der Supermärkte in Sachen Qualität den teuren Pendants in nichts nachstehen. Eggert schätzt, es werde in Zukunft noch deutlich mehr Handelsmarken geben.

Ein bisschen Kult

In den neunziger Jahren gründeten junge Künstler sogar eine Ja!-Wohngemeinschaft auf Zeit, bei der sie auf sämtliche Möbel und die Kleidung der Bewohner das Ja-Logo druckten. Der Konzern hatte damit nichts zu tun. Ja! sei bei den Verbrauchern über die Zeit auch ein bisschen Kult geworden, glaubt Haus. Das war einer der Gründe, weshalb Rewe weder 2006, als Supermarkttöchter wie Minimal und HL unter dem Rewe-Dach eingegliedert wurden, noch bei der Neuordnung der Eigenmarken 2007 Ja! angerührt hat.

Marken wie Salto mussten damals weichen, dafür kamen die Eigenmarken Rewe Bio und die teurere Rewe Feine Welt. Ja! blieb. Und sieht heute fast genauso aus wie zum Start. Auch das ist gewollt. Wenn überhaupt, feilt Rewe nur in Nuancen am Erscheinungsbild, weil die Marke einen hohen Wiedererkennungswert bei den Kunden hat.

Die Wirtschaftskrise hat Ja! keineswegs geschadet, eher genutzt. Die Eigenmarke habe davon profitiert, dass die Menschen weniger zu teuren Markenprodukten und mehr zu billigen No-Name-Waren gegriffen haben, sagt Rewe-Manager Haus. Auf der anderen Seite wird der Preiskampf zwischen Discountern und Supermärkten immer härter. So hart, dass Rewe Anfang des Jahres zwei für Eigenmarken ungewöhnliche Schritte unternommen hat.

Industrie spricht von Plagiaten

Die Kette fing mit teurer Fernsehwerbung für Ja! an und gab eine "Tiefpreisgarantie" ab. Rewe verspricht, die Preise von Ja!-Artikeln zu senken, sobald ein vergleichbares Produkt beim Discounter billiger zu haben ist. Am Anfang kam in den entsprechenden Werbeanzeigen noch der Name Aldi vor. Das ist nicht mehr so, denn Aldi hat sich erfolgreich beschwert.

Kritik am Prinzip Eigenmarke kommt von der Industrie. Sie moniert, es handle sich dabei um Plagiate. Denn Markenhersteller müssen dem Handel Informationen zu ihren Produkten bereitstellen, damit diese ins Verkaufsregal dürfen. Der Markenverband, dem zahlreiche namhafte Hersteller angehören, glaubt, dass Händler diese Informationen auch dazu gebrauchen, schnell billige Nachahmerprodukte zu entwickeln.

Rewe winkt bei solchen Vorwürfen ab. Letztlich zähle die Entscheidung des Kunden am Regal, findet Haus. Und seit Anfang des Jahres sei der Umsatz von Ja! im zweistelligen Prozentbereich gestiegen, heißt es in der Firma. Haus bekommt zudem weiterhin genügend Ja!-Post. Nicht nur deshalb legt Rewe nach und bringt noch mehr Ja!-Produkte auf den Markt: 500 sollen es bald sein.

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