Männer leben riskanter, sterben früher und kümmern sich oft wenig um ihre Gesundheit. Doch statt sie als Gesundheitsidioten zu beschimpfen, sollten sich Ärzte, Kliniken und Krankenkassen nach Auffassung des Psychiaters Michael Hettich besser auf männliche Patienten einstellen.
"Männer gelten als Präventionsmuffel. Vielleicht benötigen sie einfach andere Arten von Vorsorge", sagte der Chefarzt für Suchtmedizin am Klinikum Wahrendorff in Ilten bei Hannover.
Da Männer heute immer noch in der Regel Vollzeit arbeiten würden, sei es zum Beispiel sinnvoll, dass Betriebsärzte auch Vorsorgeuntersuchungen anbieten.
"Außerdem sprechen Männer noch mehr als Frauen auf Online-Beratungen an", sagte der Experte. Sinnvoll seien daher politische Initiativen wie eine kürzlich eingerichtete Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die sich speziell an Männer richtet.
Viele Krankheiten wären vermeidbar
Auf der Website www.maennergesundheitsportal.de werden sie zu mehr Bewegung angespornt. "Männer leiden in der Regel unter Krankheiten, die vermeidbar sind", erklärte Hettich.
Am Klinikum Wahrendorff kamen kürzlich Gesundheitsexperten zu einem ersten Symposium über Männergesundheit zusammen. Psychiater Hettich hatte dort Anfang 2011 die bundesweit erste Tagesklinik speziell für depressive Männer eingerichtet.
Hintergrund ist, dass sich Depressionen bei Männern anders äußern als bei Frauen. Die Therapeuten gehen zudem davon aus, dass die Patienten sich unter sich eher öffnen als in Anwesenheit von Frauen.
"Bisher haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht", berichtete der Mediziner, der niedergelassene Ärzte und andere Kliniken für das Thema Männergesundheit sensibilisieren will.
Medizin reduziert Männergesundheit auf Urologie
"In der Medizin reduziert sich Männergesundheit immer noch auf die Urologie", kritisierte Hettich. Schon im Studium und auch in der Weiterbildung müssten männerspezifische Fragen eine größere Rolle spielen.
Der Arzt ist überzeugt, dass die um 5,5 Jahre kürze Lebenserwartung der Männer zu 80 Prozent gesellschaftliche Gründe hat. Das geht auch aus den sogenannten Klosterstudien hervor: Dabei wurden der Gesundheitszustand und die Lebenserwartung von Mönchen und Nonnen verglichen, die ihr Leben hinter Klostermauern verbrachten. Unter ähnlich geordneten Verhältnissen wurden die Männer fast genauso alt wie Frauen.