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Gesundheit Eckart von Hirschhausen

"Wer sich geliebt fühlt, kriegt selten Herzinfarkt"

Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausen: Humor hilft, gesund zu bleiben Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausen: Humor hilft, gesund zu bleiben
Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausen: Humor hilft, gesund zu bleiben
Quelle: pa
Seine Botschaften könnte er direkt an die Patienten in einer Klinik richten: Doch Arzt und Kabarettist Eckart von Hirschhausen hält seine Sprechstunden lieber auf der Bühne ab.

Eigentlich wollte Eckart von Hirschhausen ein Wissenschaftsjournalist werden. Heute steht der promovierte Mediziner auf der Bühne oder im Fernsehstudio, um Menschen die Welt der Medizin und Psychologie kabarettistisch näherzubringen. Warum Humor helfen kann, gesünder zu leben, erklärt von Hirschhausen im Gespräch mit Norbert Lossau .

Welt Online: Warum interessieren sich viele Menschen so sehr für Wissenschaft?

Eckart von Hirschhausen: Die Welt zu erkunden und zu begreifen ist in uns angelegt. Das machen wir von Beginn des Lebens an – und man wird ja auch nie fertig. Unser Wissen kann man sich als eine Insel vorstellen: Je größer die Insel des Wissens, umso länger wird automatisch das Ufer zum Ozean unserer Ignoranz.

Welt Online: Also sollte man sein Wissen besser nicht erweitern?

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Hirschhausen: Diese Konsequenz scheinen in der Tat einige für sich gezogen zu haben. Doch häufiger beobachte ich, dass bei Menschen, die anfangen sich für etwas zu interessieren, die Neugierde und der Wissensdurst immer weiter wachsen.

Welt Online: Doch Kinder sind in der Regel viel neugieriger als Erwachsene.

Hirschhausen: Das offenbart das zentrale Dilemma unseres Bildungssystems. Den Kindern wird ja eher gesagt: Sei doch nicht so neugierig! Besser wäre es, ihnen zu sagen: Sei doch nicht so erwachsen! Wissen ist übrigens nichts, was man einmal hat und dann für immer behält. Vielmehr ist es eine Grundhaltung, immer wieder Fragen zu stellen: Warum ist das so? Könnte es auch anders sein? Noch besser, wenn man die Sache mit Humor angeht und sich bewusst bleibt, dass man sich auch irren kann. Wir amüsieren uns etwa darüber, was die Mediziner vor 50 Jahren gedacht und gemacht haben. Daraus folgt doch auch, dass die Menschen in weiteren 50 Jahren ebenfalls darüber lachen werden, was wir heute für richtig und modern halten. Das lässt einen doch sehr bescheiden werden. Wissenschaft ist immer nur der aktuelle Stand des Irrtums.

Welt Online: Ihre Wissensinsel ist in erster Linie die der Medizin?

Hirschhausen: Ja, Medizin und Psychologie interessieren mich schon am meisten. Mein Fokus liegt beim Menschen, seinem Körper, dem Gehirn und auch der Seele, was immer das sein mag. Astronomie hat mich beispielsweise nie so richtig angetörnt. Viele finden die Frage ja spannend, ob es irgendwo im Universum außerirdische Zivilisationen gibt. Ich finde es ehrlich gesagt schon schwierig genug, intelligentes Leben auf der Erde nachzuweisen.

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Welt Online: Und beim Menschen geht es Ihnen immer auch um seine Schwächen?

Hirschhausen: Ja, mich interessiert, warum wir immer wieder in die gleichen Fallen tappen – wider besseres Wissen. Nehmen wir das Beispiel gesunde Ernährung. Jeder weiß doch, dass er mehr Gemüse essen sollte, doch im Zweifel drückt man dann doch beide Augen zu und sagt, Pommes ist auch so eine Art Gemüse.

Welt Online: Haben Sie einen klugen Rat, wie man Wissen dennoch in richtiges Handeln umsetzen kann? Wie schafft man es, sich gesund zu ernähren?

Hirschhausen: Ich muss gestehen, dass ich in den vergangenen Jahren selber an Gewicht zugelegt habe und deshalb will und kann ich nicht der Diätapostel der Deutschen sein. Der wichtigste Tipp ist jedoch, sich viel zu bewegen. Wenn man sich da ausreichend betätigt, kann man im Prinzip essen, was man will. Und: Ein rundlicher Mensch, der Ausdauersport betreibt, ist gesünder als ein Hagerer, der sich nicht bewegt. Ich selber stelle mir, bevor ich etwas in den Mund stecke, immer die Frage: Möchte ich daraus bestehen? Das hilft, manchem Gelüste den Garaus zu machen. Wenn man einmal begriffen hat, dass unser Körper letztlich aus dem besteht, was wir ihm als Bausubstanz zuführen, dann fällt es leichter, etwa auf künstliche Fette oder Konservierungsstoffe zu verzichten. Ich brauche keine Konservierungsstoffe, um länger zu halten. Und noch was: Man sollte immer mit Freude und nie mit einem schlechten Gewissen essen.

Welt Online: Kann Humor dabei helfen, gesünder zu leben?

Hirschhausen: Auf jeden Fall. Mit humorvoller Wissensvermittlung kommt man viel weiter als mit Drohungen. Ein gutes Beispiel ist das Rauchen. Es gibt keinen Raucher, der nicht wüsste, dass das nicht besonders gesund ist. Doch das hindert sie offensichtlich nicht daran, es dennoch zu tun. Studien zeigen, dass für Jugendliche das Rauchen umso attraktiver ist, je mehr man über die Gefahren des Rauchens redet. Warum ist das so? Ein Jugendlicher möchte seine Stärke beweisen. Wenn man ihm dann sagt, da ist etwas total Gefährliches, dann kann er ja beweisen, dass das ihm nichts ausmacht. Das ist dann so eine Art Mutprobe. Besser ist es, den Jugendlichen zu erzählen, dass die Zigarettenindustrie bereits vor 50 Jahren versucht hat, mit bestimmten Inhaltsstoffen junge Menschen gezielt süchtig zu machen. Dann packt man den Jugendlichen bei seiner Ehre, der sich da nicht manipulieren lassen möchte und stolz Zigaretten ablehnt mit dem Satz: Ich lass mich doch nicht verarschen.

Welt Online: Sie wollen die Augen für subtile psychologische Zusammenhänge öffnen?

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Hirschhausen: Ja. Menschen, die sich geliebt fühlen, sind sehr viel gesünder und haben ein geringeres Risiko für einen Herzinfarkt. Wunden heilen schlechter, wenn man sich gestritten hat. Unsere körperlichen Befindlichkeiten hängen stark vom Seelischen ab. Und das Seelische wird wiederum sehr von den Menschen um uns herum geprägt. Wir sprachen ja vorhin über gesunde Ernährung. Wenn gute Freunde abnehmen, dann ist dies einer der stärksten Einflussfaktoren auf das eigene Gewicht. Das ist Gruppenpsychologie. Gewicht verhält sich also wie eine Ansteckung. Hat man dicke Freunde, neigt man selber auch eher zum Dicksein. Und hat man schlanke Freunde, fördert das wiederum das Schlanksein oder -bleiben. Diese Phänomene sind bislang erst wenig erforscht.

Welt Online: Manche Phänomene sind so komplex, dass sie sich kaum als eine einfache Botschaft transportieren lassen.

Hirschhausen: Ja, und ich beobachte da mit einem Augenzwinkern die kurzlebigen Trends in der Boulevardberichterstattung von Wissenschaft – Klimakatastrophen, tödliche Gifte im Essen und manche schöne Verschwörungstheorie. Oft wird da nur ein Aspekt herausgepickt und maßlos übertrieben. Am Ende bleibt meist sehr wenig Substanzielles übrig. Wer hat zum Beispiel noch heute Angst vor Acrylamid im Essen? Es sind nicht die Spuren von irgendwelchen Giften im Essen, die uns umbringen. Nein, es sind die Dinge, die im Essen reichlich drin sind: Fett, Zucker, zu viel Salz und zu viel Kalorien.

Welt Online: Sie wollten ja am Beginn Ihrer Karriere Wissenschaftsjournalist werden?

Hirschhausen: Das bin ich doch geworden! Dass ich mal eine eigene Fernsehsendung zum Thema Medizin und Gesundheit bekommen würde, hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Die Neugier für medizinische Themen hatte ich schon als Kind. Ich habe aber auch als Jugendlicher Witze gesammelt und Zaubern gelernt. Dabei habe ich sehr viel über die Psychologie der Wahrnehmung erfahren und darüber, wie leicht Menschen zu täuschen sind. Und ich habe verstanden, dass Menschen einen tiefen Wunsch nach Verzauberung und Spirituellem haben. Heute sehe ich mich als eine Art Medizinmann. Der Medizinmann verfügt nicht nur über medizinisches Wissen, sondern kennt auch die seelischen Bedürfnisse der Menschen und ist zugleich Showmaster. Um die Leute zu erreichen, muss man im wahrsten Sinne des Wortes auf die Trommel hauen und ein bisschen Rauch machen. Was ich sagen will: Ich habe das Rad nicht neu erfunden, sondern nur existierende Elemente aus meiner Biografie so zusammengesetzt, dass etwas Neues entstanden ist.

Welt Online: Sie haben Medizin studiert. Warum ist Ihr Arbeitsplatz heute nicht eine Klinik oder Praxis?

Hirschhausen: Ich habe ja nach meinem Medizinstudium zunächst im Krankenhaus gearbeitet. Damals gewann ich die Erkenntnis, dass man viele Krankheiten, mit denen ich dort konfrontiert wurde, leicht verhindern könnte. Da habe ich mich gefragt, ob ich nicht besser früher ansetze, bevor die Menschen erkranken. Wenn ich auf der Bühne stehe und etwa im Berliner Tempodrom an einem Abend 3000 Menschen erreiche, dann ist das inhaltlich gar nicht so viel anderes, als wenn ich etwas den Patienten in einer Klinik für Psychosomatik erzählen würde. Doch dort müsste ich mit jedem einzeln reden, wofür ich einfach viel zu ungeduldig bin. Und wenn mir heute im Fernsehen Millionen Menschen zuhören, dann hätte ich für den gleichen Effekt in der Klinik sehr viele Jahre gebraucht. Ich habe also nur neue Verbreitungswege entwickelt, um Menschen klarzumachen: Viele unserer körperlichen und seelischen Probleme haben mit der Lebensführung zu tun und damit, wie wir mit uns und anderen umgehen.

Welt Online: Sieht sich denn der Medizinmann Dr. von Hirschhausen im Kern noch als Wissenschaftsjournalist?

Hirschhausen: Durchaus. Meine Kompetenz ist es, komplizierte Sachverhalte zu verstehen, runterzubrechen, ohne dass sie falsch werden, und dann eine bildhafte Sprache zu finden – vielleicht mit einer Analogie zu einem Bereich, an den man nicht sofort denken würde. Dann bleibt die Sache in den Köpfen hängen.

Welt Online: Geben Sie uns doch bitte ein Beispiel für diese Kunst.

Hirschhausen: Gerne. Es wird viel über Hirnscanner berichtet, die Bildchen produzieren, auf denen man bestimmte Areale im Gehirn aufleuchten sieht. Und dann stellen die Forscher irgendwelche Korrelationen auf, nach dem Motto: Wenn es an dieser Stelle aufleuchtet, dann bedeutet es dies oder jenes. Mein Eindruck ist, dass diese Bilder überinterpretiert werden. Um das zu verdeutlichen, ist mir die Analogie zur nächtlichen Großstadt eingefallen. Stellen Sie sich also vor, das Gehirn ist eine Stadt und man würde nachts eine Aufnahme anfertigen. Dann sieht man Fenster mit Licht, aber eben auch dunkle Fenster. Die Hirnforscher interessieren sich in dieser Analogie für die hellen Fenster, doch es ist sehr naiv zu glauben, dass hinter den Fenstern, wo kein Licht an ist, auch nichts passiert! Was ich damit sagen will: Es kann sich beim Studium des Hirns doch auch lohnen, die Areale anzuschauen, bei denen gerade keine Aktivität ist. Es kommt auf das Gesamtmuster von hell und dunkel an. Auf den ersten Blick mag man die Analogie mit der nächtlichen Großstadt nur für einen Witz halten. Doch der Vergleich ist tatsächlich nicht falsch und bringt eine methodische Problematik beim Neuro-Imaging auf einen Punkt – auf eine Pointe. Es liest sich leicht, aber solche Analogien zu finden ist eine Kunst. Und wenn ich eine finde, freue ich mich wie über einen kleinen Schatz.

Welt Online: Welchen Unterschied gibt es bei der Ausübung Ihrer Kunst zwischen dem Auftritt auf der Kabarett-Bühne und dem im Fernsehstudio?

Hirschhausen: Die intensivste Begegnung mit dem Publikum habe ich natürlich auf der Bühne. Die Menschen dort haben Geld bezahlt und sich auf den Weg zum Theater gemacht. Die haben eine positive Erwartungshaltung und sind auch viel offener, sich auf Dinge einzulassen. Mein Wunsch ist es, die starken Momente, die ich auf der Bühne erlebt habe, hinein ins Fernsehen zu transportieren. Fernsehen ist immer ein Medium – es steht also immer etwas zwischen dir und dem Empfänger. Das ist die Kamera, die Mattscheibe, die Entfernung und alles, was sonst noch im Wohnzimmer passiert. Vor dem Fernsehbildschirm sind die Menschen tendenziell abgelenkter und zappen auch hin und her. Der Riesenvorteil ist allerdings, dass man sehr viele Menschen erreichen kann, die sich normalerweise nicht für das Thema interessiert hätten und nicht zu mir ins Theater gekommen wären. Der Printjournalismus, den ich auch sehr liebe, hat einen anderen großen Vorteil. Hier kann der Leser sein Tempo selber bestimmen. Beim Fernsehen muss ich mich ja an den Leuten orientieren, die tendenziell etwas länger brauchen, um etwas zu verstehen. Beim Zeitunglesen kann man jedoch zurückspringen und auch Pointen verstehen, die sich vielleicht erst beim zweiten Lesen erschließen. Der Vorwurf, dass Fernsehen platt ist, liegt nicht nur an den Flachbildschirmen, sondern auch an der Tatsache, dass es sich hier um ein Medium handelt, das sich an viele Millionen Menschen gleichzeitig wendet.

Welt Online: Welche Neuigkeit war für Sie in den letzten zwölf Monaten die verblüffendste oder spannendste?

Hirschhausen: Das ist die Erkenntnis, warum der Mensch das einzige Lebewesen mit einem weißen Augapfel ist. Alle Menschenaffen haben hingegen um die Pupille und Iris dunkle Haut. Leipziger Forscher haben herausgefunden, dass wir eben auch mit den Augen anderer die Welt sehen. Damit ich weiß, wohin jemand gerade schaut, wofür er sich also interessiert, ist es sehr hilfreich, wenn die Augen auch aus der Entfernung gut zu erkennen sind. Das Wort Respekt (lat. respectare, zurückschauen) hat damit zu tun, dass ich sehe, wohin du guckst. Das heißt, ich interessiere mich nicht nur für meine Sicht der Dinge, sondern auch für das, was du siehst. Das kann man schon bei kleinen Kindern beobachten. Die erkennen schon sehr früh, dass man sich gemeinsam an einer Sache freuen kann, indem man gemeinsam hinguckt. Und wenn man mit dem Finger irgendwo hinzeigt und sagt „Guck mal“, dann schaut ein gesundes Kind nicht auf den Finger, sondern dorthin, wohin der Finger weist.

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