Forscher warnen vor zunehmendem Büro-Stress als einer Ursache für die jährlich mehr als 207.000 Herzinfarkte in Deutschland. Das geht aus dem in Berlin veröffentlichten DAK-Gesundheitsreport hervor. So litten 9,3 Prozent der Beschäftigten in der Bundesrepublik unter einer Krise, die von steigendem Arbeitsdruck bei gleichzeitig als mangelhaft empfundener Anerkennung oder Bezahlung herrühre.
„Rauchen, Bluthochdruck, erhöhte Bluttfettwerte – das sind alles Risikofaktoren, die uns geläufig sind“, sagte Studienautor Hans-Dieter Nolting. Nun müssten nicht zuletzt von Jobproblemen herrührende psychische Ursachen stärker in den Blick genommen werden.
„15 Prozent sagen, sie hätten eine Verschlechterung der Arbeitssituation erfahren“, sagte Nolting. Rund 22 Prozent der Befragten gaben an, stark unter häufigem Zeitdruck zu leiden. Über zu wenig Lohn klagen rund 23 Prozent, über mangelnde Anerkennung durch Chefs und Büro-Umfeld rund 17 Prozent.
DAK-Gesundheit-Chef Herbert Rebscher machte deutlich, dass er es für plausibel hält, dass wachsende psychosoziale Belastung am Arbeitsplatz zu Herzinfarkten führen könne. Auch die ständige Verfügbarkeit durch neue Technologien, etwa mobiles Internet, könne zu den Ursachen zählen.
„Hier gilt es Konsequenzen zu ziehen“, forderte Rebscher. Die zunehmend diagnostizierten psychischen Leiden wie Burnout oder Depressionen müssten stärker in den Blick genommen werden. „Wir müssen gucken, was vorbeugende, vorsorgende und präventiv gute Maßnahmen sind.“
„Bei Stress steigen unter anderem der Puls und der Blutdruck, und es werden die Stresshormone Adrenalin und Cortisol freigesetzt“, erläuterte Norbert Smetak, Bundesvorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen in München. Der hohe Hormonspiegel könne kurzfristig dazu führen, dass Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen platzen und einen Infarkt auslösen.
Langfristig hätten Menschen mit hohem Cortisolwert schlechte Blutzucker-, Blutfett- und Blutdruckwerte. Diese Faktoren gelten ebenfalls als Risiken für Herzkreislauf-Erkrankungen. „Stress hat eine verstärkende Wirkung“, warnte Smetak. Workaholics seien daher gefährdeter als andere Menschen.
Wer dem Stress nicht ausweichen kann, sollte Entspannungsmethoden wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen erlernen. „Von diesen Dingen halte ich sehr viel, weil sie einen nach wenigen Minuten von der Anspannung runterholen“, sagte Smetak. Ein guter Zeitplan, eine gute Organisation und gute Vorbereitung seien weitere Aspekte, die das Leben stressfreier machten.
Die Forscher des Berliner IGES-Instituts werteten die Daten von 2,4 Millionen Mitgliedern der Krankenkasse DAK aus, befragten im November 3035 Erwerbstätige mit Online-Fragebögen sowie zusätzlich Experten.