WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Gegen Altersarmut: EU will gleiches Rentenalter für Frauen und Männer

Wirtschaft Gegen Altersarmut

EU will gleiches Rentenalter für Frauen und Männer

EU-Sozialkommissar Laszlo Andor EU-Sozialkommissar Laszlo Andor
EU-Sozialkommissar Laszlo Andor: Rentenalter an Lebenserwartung koppeln
Quelle: picture alliance / dpa
Wenn sie Armut im Alter verhindern wollen, müssen die EU-Bürger länger arbeiten. EU-Sozialkommissar Andor will die Rentensysteme reformieren.

Die Menschen in Europa werden immer älter, weshalb nach Willen der EU-Kommission der Eintritt ins Rentenalter ebenfalls später erfolgen muss. Auch sollen Frauen künftig genauso lang arbeiten wie Männer, um die Sozialsysteme vor dem Kollaps zu bewahren.

„Bei der Reform der Rentensysteme muss jeder Mitgliedsstaat seine eigene Situation berücksichtigen. Aber es gibt ganz klar übergreifende Prinzipien für die ganze EU, und dazu gehört, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln“, sagte EU-Sozialkommissar Laszlo Andor im Gespräch mit "Welt Online". „Dazu gehört auch, den Zugang zu Frühverrentungssystemen zu beschränken und das Eintrittsalter zwischen Frauen und Männern anzugleichen“, so Andor weiter.

Welche Folgen die verantwortungslose Sozialpolitik eines einzelnen EU-Staats für ganz Europa hat, führt seit Monaten das Griechenland-Desaster vor Augen. Besonders das marode, korrumpierte und deshalb völlig überteuerte Rentensystem hat das Land in den Schuldenabgrund gerissen.

Die EU-Kommission stellt vor diesem Hintergrund am Donnerstag ihre „Agenda für angemessene, sichere und nachhaltige Renten“ vor, die Sozialkommissar Andor federführend verfasste und die als Grundlage für Reformvorschläge dient.

Bei der Rente haben die Europäer keine Wahl

Ungarns EU-Kommissar machte klar, dass die Staaten in Sachen Rentensysteme keine Wahl haben: „Es gibt drei Optionen: Steuern anzuheben, länger zu arbeiten oder aber zu akzeptieren, dass unsere Rentner verarmen. In Zeiten der Krise wollen wir aber nicht, dass die EU-Staaten höhere Steuern festlegen und damit der jüngeren Generation noch mehr aufgebürdet wird.“ Wenn Europa seine Rentensysteme nicht reformiere und die Menschen länger arbeiteten, „werden Millionen im Alter unter Armut leiden“.

Einer neuen Eurobarometer-Umfrage zufolge sprechen sich 61 Prozent der Europäer dafür aus, auch im Rentenalter weiter arbeiten zu wollen, wenn die Bedingungen stimmen. Zwei Drittel würden ihren Ruhestand gern mit einem Teilzeitjob verbinden. „Wir leben gesünder und länger, darum ist es nur richtig, zusätzliche Jahre zu arbeiten statt sie in der Rente zu verbringen“, so der EU-Kommissar.

Die Bundesregierung arbeitet derzeit auf entsprechende Modelle zu. Möglicherweise soll noch vor der Bundestagswahl 2013 die geplante Kombi-Rente eingeführt werden. Für ältere Arbeitnehmer, die künftig vorzeitig in den Ruhestand gehen möchten, soll es dann deutlich attraktiver werden, statt einer Vollrente eine Teilrente zu beziehen und daneben weiter in Teilzeit zu arbeiten.

Dazu würden die bisher engen und komplizierten Hinzuverdienstgrenzen für Teilrentner ab Anfang 2013, spätestens aber Mitte 2013 deutlich angehoben und flexibilisiert, berichtete die „Rheinische Post“ weiter.

Andor lobte den Schritt der Bundesregierung, die Rentenalter mit 67 Jahren einzuführen, schränkte aber ein: „Es genügt nicht, nur das Eintrittsalter anzuheben. Wir fordern zusätzlich bessere Arbeitsmöglichkeiten für über 55-Jährige. Auch müssen passende Jobs für Menschen, die sich am Ende ihrer Karriere befinden, eine echte Option werden.“ Andor nannte in diesem Zusammenhang Schweden als Musterbeispiel.

Rentensystem könnten zusammenbrechen

Anzeige

Die Skandinavier koppeln ihr Renteneintrittsalter bereits seit mehr als zehn Jahren an die Lebenserwartung. „Schweden ist auch deshalb bemerkenswert, weil es mit 70 Prozent die höchste Beschäftigungsrate von Arbeitsnehmern im Alter zwischen 55 und 64 Jahren hat.“ In seinem Diskussionspapier dringt der ungarische Kommissar zudem auf den Ausbau von privaten Zusatzabsicherungen, damit die Bürger ihre Renten aufbessern können.

Nach Berechnungen der EU-Kommission laufen die bestehenden Rentensysteme in absehbarer Zeit Gefahr, wegen der immer größeren Zahl von Empfängern zusammenzubrechen: Jedes Jahr nimmt die Zahl der über 60-Jährigen um mehr als zwei Millionen Menschen zu, und damit doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Gleichzeitig zahlen immer weniger in die Kassen ein.

Bereits heute geben die EU-Regierungen zehn Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Renten aus, und der Anteil wird nur noch weiter steigen. Trotz bereits durchgeführter Reformen werde „die weitere Anpassung der Ausgaben in vielen Mitgliedstaaten notwendig werden“, heißt es in der Agenda. Derzeit leben in der EU rund 120 Millionen Rentner, das sind 24 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Höhe ihre Renten wird nach Berechnungen der EU-Kommission im Vergleich zum früheren Einkommen aber kontinuierlich sinken.

Verbinden Sie sich mit dem "Welt-Online"-Autor auf Twitter. Florian Eder berichtet als Korrespondent aus Brüssel.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema