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Die Welt bewegen Dickmacher

UN fordern Sondersteuer auf Cola und Chips

Zucker- und fettreiches Essen ist vielfach billiger als Obst und Gemüse, beklagen die UN. Sie fordern höhere Steuern und weniger Werbung.

Der eine Teil der Weltbevölkerung ist zum Hungern verdammt, der andere isst zu viel und viel zu ungesund – und beide Phänomene hängen eng zusammen, weil der Ernährungsindustrie jahrzehntelang durch Subventionen falsche Anreize gesetzt wurden.

Das zumindest ist das Fazit des UN-Sonderberichterstatters für Ernährung, Olivier de Schutter, der am Dienstag dem UN-Menschenrechtsausschuss seine Empfehlungen vorlegen will. "Welt Online“ lag sein Bericht vorab vor.

Darin fordert de Schutter, Subventionen für die Agrarindustrie in ihrer heutigen Gestalt abzuschaffen, weil diese erst dazu geführt hätten, dass ungesundes Essen und süße Softdrinks vielfach billiger seien als frische Produkte: „So werden die Armen dafür bestraft, dass sie arm sind.“

Um entgegenzuwirken, will de Schutter ungesunde Produkte höher besteuern : „Steuern auf Limonaden, salz-, zucker- und fettreiche Lebensmittel erheben, um stattdessen den Zugang zu Obst und Gemüse zu subventionieren“, ist eine der Forderungen in seinem Bericht.

Auch soll der Industrie die Werbung für Junk Food erschwert werden. Eine Regulierung für Nahrungsmittel-Marketing sei der „effektivste Weg, um an Kinder adressierte Marketingstrategien für ungesundes Essen zu verbieten“ und diejenigen an Erwachsene einzuschränken. Zudem fordert er staatlich finanzierte Aufklärungsprogramme – für hoch entwickelte Länder ebenso wie für arme.

Zum ersten Mal wendet sich der Bericht eines UN-Berichterstatters für Ernährung damit explizit den Industrieländern zu. „Das Menschenrecht auf Ernährung ist nicht das Recht, nicht zu hungern “, schreibt er. „Es ist ein Recht der Inklusion, ein Recht auf adäquate Ernähung, die all die Bestandteile beinhaltet, die ein Mensch braucht, um ein gesundes und aktives Leben zu führen.“

Immer mehr Menschen sterben an Übergewicht

Dafür wäre jedoch ein politischer Wille nötig, den de Schutter bisher nicht erkennen kann. Für unerlässlich hält er ihn dennoch: „Die derzeitigen Ernährungssysteme sind zutiefst dysfunktional “, stellt er fest. „Die Welt zahlt einen exorbitanten Preis dafür, dass sie es nicht schafft, gesundheitliche Aspekte bei der Regulierung der Nahrungsmittelindustrie zu berücksichtigen.“

Der Hunger auf der Welt sei durch die jahrzehntelang verfolgte Strategie der Ausweitung der Nahrungsmittelproduktion kaum gelindert worden. Zugleich aber steige die Zahl der Menschen, die an den Folgen von Übergewicht sterben – und das nicht nur in hoch entwickelten Ländern.

Fettsucht, Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die „vor allem mit ungesunder Ernährung zu tun haben, sind nicht mehr auf reiche Länder beschränkt“, heißt es in dem Bericht. „2030 werden in armen Ländern 5,1 Millionen Menschen unter 60 an solchen Krankheiten sterben, heute sind es 3,8 Millionen im Jahr.“

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Die weltweite Subventionspraxis der vergangenen fünf Jahrzehnte sieht grosso modo so aus: Den Hunger in der Welt vor Augen förderten sowohl Industrie- wie Entwicklungsländer als auch Internationale Organisationen wie der Internationale Währungsfonds und die Weltbank die landwirtschaftliche Massenproduktion. Die Menge der produzierten Lebensmittel insgesamt stieg.

Dennoch bekommen die Bedürftigen bis heute nicht ausreichend Zugang zu dem, was sie brauchen. Zum anderen aber begünstigen die Subventionen für die Agrarindustrie häufig große Öl-, Soja-, Zucker- oder Fleischproduzenten. Fett und Zucker – die Grundstoffe der Lebensmittelindustrie und von Produkten wie Chips, Kekse und Schokolade – wurden dadurch billiger.

Und zwar auf Kosten anderer wichtiger Nahrungsmittel wie Gemüse, beklagt de Schutter. „Die bestehenden Subventionen müssen nun überarbeitet werden, um Agrarpolitik mit der Erfordernis angemessener Ernährung in Einklang zu bringen.“

Der UN-Berichterstatter plädiert nicht aus einer industriefeindlichen Haltung heraus, sondern aus ökonomischer Überzeugung, denn auch die Volkswirtschaften werden seiner Ansicht nach durch die bisherige Politik belastet.

„Heute zahlt der Steuerzahler dreimal für die Anleitung zum ungesunden Leben“, schreibt de Schutter: Für Subventionen, durch die die Herstellung industriell verarbeiteter Lebensmittel lukrativer wird als der Vertrieb von reinem Obst und Gemüse. Für die Marketingkosten der Branche, die diese von der Steuer absetzen könnten. Und für die Gesundheitssysteme, die durch ernährungsbedingte Krankheiten „unhaltbar hoch“ belastet würden.

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