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Das große Sterben der deutschen Facebook-Konkurrenz

Deutsche Online-Netzwerke Deutsche Online-Netzwerke
Die Geschichte deutscher Online-Netzwerke zeigt, wie flüchtig Nutzerzahlen sein können
Quelle: picture alliance / dpa/dpa
StudiVZ, Wer-kennt-wen und Lokalisten laufen die Nutzer davon. Mit dem hohen Tempo von Facebook können deutsche Online-Netzwerke nicht mithalten.

Facebook, Facebook, immer wieder Facebook : Das Online-Netzwerk von Mark Zuckerberg produziert eine Schlagzeile nach der anderen. Nicht alle sind positiv für das Unternehmen. Die Kritik der Datenschützer an der zu laxen Handhabung mit den persönlichen Informationen der weltweit 845 Millionen Nutzer verstummt nicht. Auf der anderen Seite hat es den Eindruck, dass jeder an dem Börsengang mitverdienen will .

Bis zu 100 Milliarden Dollar soll die Plattform wert sein. Im Rausch der großen Zahlen und eines weiterhin hohen Wachstumstempos hat manch Investor bereits ein Vierteljahr vor der geplanten Emission längst die Dollarzeichen in den Augen.

Doch am Beispiel des deutschen Markten lässt sich gut ablesen, wie schnell Internet-Nutzer einstigen Lieblingsseiten im Internet auch den Rücken kehren können. Um die heimischen Facebook-Konkurrenten ist es zuletzt sehr still geworden. Das hat einen einfachen Grund: StudiVZ, Wer-kennt-wen und Lokalisten laufen die Nutzer davon. Eine Umkehr dieses Trends ist nicht abzusehen, zumal mit Google+ ein weiterer Spieler um die Aufmerksamkeit der begehrten Kundschaft buhlt.

Besonders hart trifft es die VZ-Netzwerke. Die Reichweite von StudiVZ, SchülerVZ und FreundeVZ ist binnen eines Jahres dramatisch gesunken, im Dezember verzeichnete das Trio nur noch 77 Millionen Seitenaufrufe (Visits), ein Minus von fast 80 Prozent. StudiVZ und SchülerVZ hatten die Online-Netzwerke in Deutschland beliebt gemacht, waren über Jahre die Nummer eins.

Doch mit dem hohen Innovationstempo von Facebook kam das deutlich kleinere Team nicht mit – und auch der Verweis auf den guten Datenschutz zog bei den Nutzern nicht. So fand sich die Holtzbrinck-Tochter damit ab, nur ein Nischenanbieter zu sein: „Wir glauben nicht, dass die Nutzer von Facebook zurückkommen. Wir müssen uns auf die konzentrieren, die noch da sind“, sagte Ex-VZ-Chef Clemens Riedl vergangenen Herbst.

Wo genau die Nische sein soll, ist offen

Das Unternehmen versucht seitdem einen Neustart – mit einem überarbeiteten Design und Zusatzfunktionen wie einem Gruppenchat. Die Nutzer – von den 16 Millionen registrierten waren im Oktober 5,9 Millionen aktiv – können sich über ein Bewertungssystem und Feedback-Optionen zu Wort melden.

Im zweiten Quartal soll der Umbau abgeschlossen sein. Neben der Umgestaltung werde eine strategische Neuausrichtung „intensiv geplant“, so das Unternehmen. Dabei gehe es vor allem darum, „neue Zielgruppen zu erreichen“. Wo genau diese Nische sein soll, ist offen. Immerhin: Die VZ-Netzwerke arbeiten nach eigenen Angaben an der Gewinnschwelle.

Im langen Schatten des Marktführers steht auch Wer-kennt-wen (WKW), das sich wie die VZ-Netzwerke als Freundschaftsplattform für Privatnutzer sieht. Die Zahl der Seitenaufrufe hat sich in einem Jahr halbiert, im Dezember waren es nur noch 76 Millionen. 5,1 Millionen Nutzer waren laut der derzeit aktuellen AGOF-Statistik vom Oktober 2011 aktiv. Die Abwanderung vieler Nutzer zu Facebook sei nicht einfach zu verkraften, sagt eine Sprecherin der RTL-Tochter – immerhin sei man im Vergleich zu anderen deutschen Netzwerken relativ stabil.

WKW gilt als Netzwerk der Normalos, dessen Mitglieder im Schnitt älter und weniger online-affin sind als Facebook-Nutzer. Besonders beliebt ist es im Südwesten der Republik – die Gründer studierten in Koblenz. In dieser Nische möchte sich das Unternehmen festsetzen: „Wir wollen regionale und lokale Angebote rund um den Alltag bieten“, heißt es beim Unternehmen – „verständlich und intuitiv“ soll die Plattform vor allem sein. Als „Netzwerk der Landeier“ wird es deshalb schon mal verspottet.

Xing setzt auf eine Nische

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Auch Xing setzt auf eine Nische, schon seit seiner Gründung im Jahr 2003: Das Netzwerk will, anders als Facebook, berufliche Kontakte vermitteln. Eine Konkurrenz durch den US-Riesen sieht das Unternehmen daher nicht – die droht eher schon von LinkedIn, das im Mai 2011 an die Börse ging und seit einigen Monaten den deutschen Markt ins Visier nimmt. Der Rückstand auf Xing ist allerdings noch gewaltig.

Die Reichweite von Xing sank laut IVW von 23 auf 20 Millionen Zugriffe im Dezember 2011. Allerdings seien in dieser Zahl nicht die Handynutzer eingeschlossen, erklärt Xing – mittlerweile erfolge jeder fünfte Aufruf von einem mobilen Gerät.

So oder so ist das Geschäft profitabel: Das börsennotierte Unternehmen steigerte den Umsatz im dritten Quartal 2011 auf 16,6 Millionen Euro, den Nettogewinn auf 2,6 Millionen Euro. Das ist zwar weit weg von der Milliarde Dollar, die Facebook 2011 unterm Strich verdient hat, aber für Xing eine gute Zahl.

Ob Facebook mittlerweile eine solche Größe erreicht hat, die Nutzer so gut vernetzt sind, dass ein plötzlicher Ausstieg einer sozialen Ächtung gleichkäme, wird zu den Kernfragen gehören, die sich viele der potenziellen Investoren vor dem Börsengang stellen.

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dpa/jk/sei

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